Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft

— April 2022 —

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.
Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Arbeitsrecht

Aufhebungsvertrag: Verstoß gegen das Verbot des fairen Verhandelns?

Liegt eine unfaire Verhandlungssituation vor, kann ein Aufhebungsvertrag unwirksam sein. Ein Arbeitgeber verstößt jedoch nicht gegen das Gebot fairen Verhandelns, wenn er eine sofortige Unterzeichnung des Vertrags erwartet.

Hintergrund

Eine Arbeitnehmerin, die als Teamkoordinatorin Verkauf im Bereich Haustechnik beschäftigt war, wehrte sich gegen einen Aufhebungsvertrag. Diesen hatte sie nach einem Gespräch mit dem Geschäftsführer und einem anwesenden Anwalt für Arbeitsrecht unterzeichnet. Dazu wurde sie in das Büro des Geschäftsführers gebeten, wo ihr der vorbereitete Vertrag vorgelegt wurde. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie unberechtigt die Einkaufspreise in der EDV des Arbeitgebers reduziert habe, um einen größeren Gewinn vorzutäuschen. Nach ungefähr 10 Minuten, in denen sie schweigend am Tisch saß, unterschrieb sie den Aufhebungsvertrag, der das einvernehmliche Ende des Arbeitsverhältnisses zum Ende November 2019 zum Inhalt hatte.

Die Arbeitnehmerin hat den Aufhebungsvertrag angefochten. Sie machte geltend, dass ihr mit der außerordentlichen Kündigung und einer Strafanzeige gedroht worden sei, für den Fall, dass sie den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet. Sie habe um längere Bedenkzeit gebeten, was ihr ebenso verwehrt wurde wie sich Rechtsrat zu holen. Damit habe der Arbeitgeber aus ihrer Sicht gegen das Gebot des fairen Handelns verstoßen.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung der Vorinstanz zugunsten des Arbeitgebers bestätigt. Der Aufhebungsvertrag war nicht aufgrund einer widerrechtlichen Drohung zustande gekommen. Auch wenn das Gespräch so wie die Arbeitnehmerin es geschildert hatte, stattgefunden hat, sei darin keine unberechtigte Drohung zu erkennen. Vielmehr sei der Arbeitgeber in so einem Fall berechtigt, die Kündigung auszusprechen sowie Strafanzeige zu stellen.

Die Maßstäbe zum Gebot des fairen Verhandelns wurden von der Vorinstanz richtig angewandt und ausgelegt. Dieses Gebot als „arbeitsvertragliche Nebenpflicht ist dann verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die dem Vertragspartner eine freie und überlegte Entscheidung über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert“. Hier war die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmerin nicht dadurch verletzt, dass der Arbeitgeber ihr den Aufhebungsvertrag zur sofortigen Annahme vorgelegt habe, sodass sie sich direkt habe entscheiden müssen. Das Gericht sei damit zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass der Arbeitgeber nicht gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen habe.

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

Darlehen an GmbH: Wann ist der Abgeltungssteuersatz ausgeschlossen

Zinsen aus Forderungen gegenüber einer GmbH & Co. KG unterliegen dem Abgeltungsteuersatz, wenn die verheirateten Gläubiger ihre Beteiligungen an der KG und an der Komplementär-GmbH auf eine von ihnen errichtete Familienstiftung übertragen haben. Ein Näheverhältnis des Gläubigers der Kapitalerträge zu einer Personengesellschaft ist nur zu bejahen, wenn der Gläubiger aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der Stiftung mittelbar in der Lage ist, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen.

Hintergrund

Die Eheleute waren zunächst je hälftig an der N-GmbH & Co. KG (N-KG) sowie an der N-GmbH (Komplementärin) beteiligt. Im Jahr 2014 übertrugen sie ihre Anteile (KG und GmbH) auf eine von ihnen errichtete Familienstiftung. Deren Zweck war es, dem Wohle der Stifterfamilie zu dienen.
Vorstand der Stiftung waren die Eheleute mit einer von ihnen benannten Person. Vertretungsberechtigt war der Vorsitzende bzw. sein Stellvertreter, jeweils gemeinsam mit einem weiteren Mitglied. Solange einer der Stifter Mitglied des Vorstands war, konnte er die Stiftung allein vertreten. Die Gesellschafterrechte der Stiftung wurden vom Vorstandsvorsitzenden bzw. seinem Stellvertreter wahrgenommen.
Die Eheleute hatten der N-KG Darlehen gewährt, die in den Jahren 2014 und 2015 mit 6 % und im Jahr 2016 mit 3 % über dem Basiszinssatz verzinst wurden. Die Darlehen wurden nach der Übertragung der Kommanditanteile auf die Stiftung von der KG weitergeführt.
Das Finanzamt unterwarf die Zinseinkünfte der Eheleute dem tariflichen Einkommensteuer-Satz.
Das Finanzgericht gab dem Antrag auf Anwendung des Abgeltungsteuersatzes statt. Denn keiner der Ehegatten stand in einem Näheverhältnis zu der KG, da er für sich nicht die Mehrheit im Stiftungsvorstand hatte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück. Die Eheleute konnten mittelbar über die Stiftung keinen beherrschenden Einfluss ausüben.
Die Eheleute waren außerdem an einer weiteren KG (X-KG) im gleichen Verhältnis beteiligt. Diese KG hatte der N-KG ein Grundstück überlassen. Damit stellte sich die Frage der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung und der möglichen Folge der Zurechnung der Forderungen zum Sonderbetriebsvermögen der X-KG und der Zinsen zu den gewerblichen Einkünften. Im Streitfall lagen allerdings die Zuordnungsvoraussetzungen nicht vor. Im Übrigen wurden die Darlehen zu fremdüblichen Bedingungen vereinbart. Damit fehlen regelmäßig die betrieblichen Interessen der Besitzpersonengesellschaft.
Der Abgeltungsteuersatz gilt nicht, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen im Sinne eines Beherrschungsverhältnisses sind. Das ist der Fall, wenn der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses für den Abschluss des Darlehens im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes, persönliches Näheverhältnis genügt nicht.
Bei einer Personengesellschaft kann ein Gesellschafter einen beherrschenden Einfluss grundsätzlich nur dann ausüben, wenn er aufgrund der Stimmrechtsverhältnisse seine Mitgesellschafter überstimmen kann. Das scheidet hier schon deshalb aus, weil die Eheleute im Zuflusszeitpunkt nicht mehr an der N-KG beteiligt waren. Die Beherrschung kann auch mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden. Nur in Ausnahmefällen kann ein Gesellschafter – trotz fehlender Stimmenmehrheit – die Gesellschaft faktisch beherrschen.
Zwar hatte die Stiftung als alleinige Kommanditistin einen beherrschenden Einfluss in der N-KG. Jedoch waren weder der Ehemann noch die Ehefrau jeweils für sich in der Lage, die Einflussmöglichkeiten, die der Stiftung auf Ebene der N-KG zustanden, mittelbar zu beherrschen. Denn aufgrund der Besetzung des Stiftungsvorstands mit 3 Mitgliedern konnten weder der Ehemann noch die Ehefrau Mehrheitsbeschlüsse des Vorstands ohne die Mitwirkung eines anderen Vorstandsmitglieds herbeiführen.
Die Eheleute waren jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der N-GmbH (Komplementärin der N-KG). Auch das führt nicht zur Beherrschung der N-KG durch sie. Denn das Beherrschungsverhältnis muss so beschaffen sein, dass der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Denn die N-GmbH war nicht zur Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Darlehens durch die N-KG befugt. Dazu war die vorherige Zustimmung der Gesellschafter der N-KG erforderlich. Damit konnten die Eheleute nicht allein aufgrund ihrer Stellung als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der N-GmbH die N-KG dazu veranlassen, ihnen gegenüber eine Darlehensverbindlichkeit einzugehen.

Die DSGVO und die Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers

Nicht nur die GmbH, auch der Geschäftsführer kann Verantwortlicher gem. der DSGVO sein. Damit besteht ein weiterer Anknüpfungstatbestand für die Außenhaftung des Geschäftsführers.

Hintergrund

Der Kläger strebte die „Mitgliedschaft“ bei einer GmbH an. Vor dem Hintergrund dieser Mitgliedschaftsanfrage ließ der Geschäftsführer im Namen der GmbH die Beteiligung des Klägers an strafrechtlich relevanten Handlungen prüfen. Als sich diese bestätigte, wurde die Mitgliedschaftsanfrage des Klägers abgelehnt.
Daraufhin verklagte der Kläger sowohl die GmbH als auch den Geschäftsführer persönlich auf immateriellen Schadensersatz wegen Datenschutzverstößen. Erstinstanzlich wurden die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung der Rechte des Klägers aus der DSGVO verurteilt.

Entscheidung

Die Berufung des Klägers mit dem Ziel, eine höhere Schadensersatzsumme zu erlangen, hatte keinen Erfolg.
Ein jeweils selbstständiger Verstoß gegen die Vorschriften der DSGVO durch die GmbH und den Geschäftsführer stand rechtskräftig fest. Denn die mit Blick auf das Ausspähen des Klägers vorgenommene Verarbeitung der Daten des Klägers sei mangels einer Einwilligung des Klägers rechtswidrig. Solch ein Verstoß könne zudem weder gem. Art. 6 DSGVO gerechtfertigt werden noch handele es sich hier um einen Bagatellverstoß.
Beide Beklagten seien hierfür verantwortlich. Denn maßgeblich für einen Anspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO sei die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit, die dann zu bejahen ist, wenn eine natürliche oder juristische Person alleine oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und die Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheiden kann und entscheidet. Vor diesem Hintergrund entfalle regelmäßig die Verantwortlichkeit weisungsgebundener Angestellter oder sonstiger Beschäftigter, die eines GmbH-Geschäftsführers allerdings nicht.

Steuerrecht Privatvermögen

Antrag auf Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen als rückwirkendes Ereignis

Wird im Rahmen des Realsplittings der Antrag auf Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen durch den Geber samt Einreichung der Zustimmungserklärung des Empfängers gestellt, liegt darin bereits das rückwirkende Ereignis, das zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung des Empfängers der Unterhaltsleistung führt.

Hintergrund

Anlässlich der Scheidung im Jahr 2007 hatte sich E verpflichtet, an F einen Abgeltungsbetrag (10.000 EUR) zu zahlen. F wurde im Jahr 2008 bestandskräftig veranlagt. Empfangene Unterhaltsleistungen hatte sie nicht angegeben.
E reichte im Jahr 2010 die Anlage U zur Einkommensteuer-Erklärung ein, die die Zustimmung der F zum Antrag auf Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben enthielt. Da zunächst strittig war, ob der Abgeltungsbetrag bei ihm als Sonderausgaben zu berücksichtigen war, erkannte das Finanzamt die Zahlung erst im Jahr 2015 bei E als abziehbare Unterhaltsleistung an.
Anschließend erhöhte das Finanzamt die Einkommensteuer 2015 und berücksichtigte die Zahlung als steuerpflichtige Unterhaltsleistung. F wandte Festsetzungsverjährung ein. Nicht erst die Anerkennung des Sonderausgabenabzugs bei E im Jahr 2015, sondern bereits dessen Antrag, die Unterhaltsleistungen bei E abzuziehen, war das rückwirkende Ereignis. Damit war der Änderungsbescheid außerhalb der Festsetzungsfrist ergangen. Das Finanzgericht folgte dem nicht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Bereits der Eingang der Anlage U zur Einkommensteuer-Erklärung des E im Jahr 2010 nebst Zustimmungserklärung der F hat steuerliche Rückwirkung für 2007. Der gegenüber F ergangene Änderungsbescheid wurde aufgehoben.
Eine Rückwirkung liegt vor, wenn der geänderte Sachverhalt anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Das entscheidet sich nach dem im Einzelfall anzuwendenden materiellen Steuergesetz. Steuerlich rückwirkend für den Ansatz von Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte ist die Einreichung der Anlage U nebst Zustimmungserklärung des Empfängers beim Finanzamt des Gebers. Schon der Antrag des Gebers und die Zustimmung des Empfängers sind rechtsgestaltend. Sie überführen die Unterhaltsleistungen in den steuerrechtlich relevanten Bereich und ändern so ihren Rechtscharakter. Die Unterhaltsleistungen werden durch den Antrag zu Sonderausgaben.
Damit hat der Antrag eine Doppelfunktion: Er ist nicht nur Verfahrensvoraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen, sondern gleichzeitig materiell-rechtliche Voraussetzung für die Abzugsmöglichkeit dem Grunde nach. Die Steuerpflicht dieser Leistungen beim Empfänger hängt somit nicht davon ab, ob und inwieweit der Sonderausgabenabzug beim Geber tatsächlich zu einer Steuerminderung geführt hat. Bereits mit der Einreichung der Einkommensteuer-Erklärung des E samt Anlage U und Zustimmung der F im Jahr 2010 ist das Ereignis eingetreten, das zur Steuerbarkeit der Unterhaltsleistungen bei F als Unterhaltsberechtigte führte.
Die 4-jährige reguläre Festsetzungsfrist endete bereits mit Ablauf des Jahres 2012, da F ihre Einkommensteuer-Erklärung im Jahr 2008 abgegeben hatte. Die 4-jährige Festsetzungsfrist begann aufgrund des im Jahr 2010 eingetretenen rückwirkenden Ereignisses mit Ablauf des Jahres 2010 zu laufen und endete damit mit Ablauf des
Jahres 2014. Der erst im Jahr 2015 erlassene Änderungsbescheid der F ist infolgedessen außerhalb dieser Festsetzungsfrist ergangen.

Kindergeld: Antrag kann auch per E-Mail gestellt werden

Auch ein Kindergeldantrag mittels E-Mail kann wirksam sein. Das gilt zumindest dann, wenn er ausreichende Angaben enthält, um der Familienkasse eine Ermittlung der Kinder, für die das Kindergeld beantragt wird, zu ermöglichen.

Hintergrund

Die Klägerin ist die Mutter von 2 Kindern. Mit E-Mail v. 16.7.2019 schrieb sie unter dem Betreff „Kindergeld“, dass sie seit Mai 2018 kein Kindergeld mehr erhalten habe. Die Gutschrift des Kindergeldes sei letztmals am 9.4.2018 erfolgt.
Die Familienkasse teilte der Klägerin mit, dass die Kinder nicht mehr im Haushalt des bisherigen Kindergeldberechtigten leben würden, daher sei das bisher festgesetzt Kindergeld aufgehoben worden. Da die Kinder nun im Haushalt der Klägerin lebten, sei bis zum 29.8.2019 ein Antrag von ihr zu stellen und ein Nachweis über die Aufnahme der Kinder in den Haushalt der Klägerin zu erbringen.
Nach Ablauf der gesetzten Frist lehnte die Familienkasse den formlosen Antrag auf Kindergeld vom 16.7.2019 ab, da ein formeller Antrag auf amtlich vorgeschriebenen Vordruck bisher nicht eingereicht worden sei.
Die Klägerin trug mit ihrer Klage vor, dass das Gesetz die Stellung eines schriftlichen Antrags nicht vorsehe. Mit ihrer E-Mail v. 16.7.2019 habe sie jedoch einen schriftlichen Antrag gestellt. Eine zwingende Unterzeichnung durch Unterschrift zur Einhaltung der Schriftform sei nicht erforderlich. Es solle lediglich ausgeschlossen werden, dass eine mündliche Antragstellung erfolge.

Entscheidung

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die E-Mail der Klägerin v. 16.7.2019 einen wirksamen Antrag auf Gewährung von Kindergeld für die Kinder der Klägerin darstellt. Zwar sei das Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu beantragen. Es entspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass es bei der Stellung des Kindergeldantrags der Verwendung des amtlichen Vordrucks nicht bedürfe.
Aufgrund der E-Mail der Klägerin sei es daher der Familienkasse möglich gewesen, die betreffenden Kinder der Klägerin zu ermitteln und dieser zuzuordnen. Die Familienkasse habe die Namen der Kinder herausgefunden und geschlossen, dass für die Kinder
Kindergeld beantragt werden solle. Auch hinsichtlich des Zeitraums habe die Familienkasse den Willen der Klägerin ermittelt, ab wann Kindergeld gezahlt werden solle.
Die fehlende eigenhändige Unterschrift hält das Finanzgericht nach den vorliegenden Umständen für entbehrlich. Das Gesetz verlange nicht, dass ein Kindergeldantrag eigenhändig vom Antragsteller unterschrieben sein müsse. Vielmehr sei auch eine Vertretung des Antragstellers möglich.

Steuerrecht Unternehmer

Ist die Höhe der Säumniszuschläge angemessen?

Das Bundesverfassungsgericht hat die Vollverzinsung für unzulässig erklärt, sodass ab 2019 keine Zinsen mehr erhoben werden dürfen. Vor diesem Hintergrund hält das Finanzgericht Münster auch die Höhe der Säumniszuschläge seit 2019 für verfassungsrechtlich bedenklich.

Hintergrund

Antragstellerin war eine GmbH. Sie erwarb im Jahr 2019 ein Grundstück. Die für den Erwerb fällige Grunderwerbsteuer zahlte die Antragstellerin verspätet, sodass das Finanzamt Säumniszuschläge festsetzte. Gegen den Abrechnungsbescheid legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt lehnte beides ab. Daraufhin wandte sich die Antragstellerin an das Finanzgericht und machte Bedenken wegen der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge geltend. Hierbei berief sie sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit von Zinsen.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Antrag statt und gewährte die Aussetzung der Vollziehung. Die für eine Aussetzung erforderlichen ernstlichen Zweifel liegen vor, wenn bei der Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts auch gewichtige Gründe gegen eine Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sprechen. Nach diesen Maßstäben war hier die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Die Säumniszuschläge sind zum einen Druckmittel, zum anderen beinhalten sie aber auch einen Zinsanteil. Hinsichtlich dieses Zinsanteils hat der Bundesfinanzhof bereits in der Vergangenheit verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist eine Aufsplittung von Säumniszuschlägen in einen verfassungswidrigen und verfassungsrechtlich unbedenklichen Teil nicht möglich. Es kann stattdessen nur darüber entschieden werden, ob die Höhe der Säumniszuschläge insgesamt zulässig ist oder nicht. Da „teilweise“ Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge fraglos bestehen, hat eine Aussetzung der Vollziehung in voller Höhe zu erfolgen.

Minderjährige Kinder als stille Beteiligte: Was beim Vertragsschluss beachtet werden muss

Werden minderjähriger Kinder als stille Gesellschafter einer Arztpraxis beteiligt, kann diese als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts steuerlich anerkannt werden. Das gilt auch dann, wenn die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel den Kindern unentgeltlich zugewendet worden sind.

Hintergrund

Z räumte seinen 3 minderjährigen Kindern mit notarieller Erklärung jeweils schenkungsweise eine stille Beteiligung i. H. v. 50.000 EUR an seiner Zahnarztpraxis ein. Für die Kinder war ein Ergänzungspfleger bestellt worden.
Die Einräumung der stillen Beteiligung erfolgte im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Gegenleistungen waren nicht zu erbringen. Den Gesellschaftern stand ein Kontrollrecht zu, soweit dies mit der ärztlichen Schweigepflicht des Z vereinbar war. Die Geschäftsführung lag ausschließlich bei Z. Jeder stille Gesellschafter war mit 10 % am Gewinn beteiligt, höchstens aber mit 15 % der Einlage (= 7.500 EUR). Am Verlust sollte der Gesellschafter ebenfalls mit 10 %, höchstens mit seiner Einlage, beteiligt sein.
Im Zusammenhang mit der Schenkung bzw. Gründung der Gesellschaften erfolgten keine tatsächlichen Zahlungen in das Betriebsvermögen des Z. Z zahlte jährlich Gewinnbeteiligungen in Höhe von jeweils 7.500 EUR (gesamt 22.500 EUR) auf Bankkonten seiner Kinder, über die er selbst und die Mutter der Kinder Verfügungsmacht besaßen.
Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht lehnten den Betriebsausgabenabzug ab, da es sich um Privataufwendungen handelte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück, da dieses nicht alle entscheidungserheblichen Aspekte des Streitfalls ermittelt und seiner Überzeugungsbildung zugrunde gelegt hat.

Mangels Betriebs eines Handelsgewerbes hat Z zivilrechtlich wirksam je eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, auf die die Grundsätze für die Anerkennung einer stillen Gesellschaft entsprechend anwendbar sind.
Die steuerliche Anerkennung setzt voraus, dass die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam ist, inhaltlich dem unter fremden Dritten Üblichen entspricht und auch wie unter Dritten vollzogen wird.
Gesellschaftsverträge zwischen nahen Angehörigen können auch dann anerkannt werden, wenn die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel dem in die Gesellschaft aufgenommenen Angehörigen unentgeltlich zugewendet worden sind, vorausgesetzt, die vorgenannten allgemeinen Bedingungen (zivilrechtliche Wirksamkeit, Fremdüblichkeit, Durchführung) sind erfüllt.
Verträge zwischen Eltern und Kindern über eine Innengesellschaft entsprechen dem inhaltlichen Fremdvergleich, wenn dem Kind wenigstens annäherungsweise die Rechte eingeräumt werden, die einem stillen Gesellschafter typischerweise zukommen. Einschränkungen dieser Rechte, insbesondere hinsichtlich der Gewinnauszahlung, der Kontroll- und Informationsrechte, der Kündigungsmöglichkeiten sowie Widerrufs- oder Rückfallklauseln können zur Nichtanerkennung führen.
Hier sind insbesondere die Einlagebestimmungen, die Gewinnbeteiligungsregelungen und die Informations-/Kontrollrechte von Bedeutung.
Von diesen Grundsätzen ausgehend sind die Gesellschaftsverträge zwar zivilrechtlich wirksam. Bei der Fremdüblichkeit hat das Finanzgericht nicht die Informations-/Kontrollrechte der Kinder geprüft. Auch hat es sich nicht mit weiteren Punkten befasst wie Laufzeit, Kündigungsmöglichkeiten, Versterben eines Beteiligten, Inhaberwechsel, Auseinandersetzung nach Auflösung und Widerrufsmöglichkeiten des Z.
Auch die Feststellungen zur Vertragsdurchführung sind nicht ausreichend. Unklarheiten bestehen über die Auszahlung der Gewinnbeteiligungen, die Ausübung der Informations-/Kontrollrechte, die Verfügbarkeit der Gewinnbeteiligungen für die Gesellschafter. Diese würde fehlen, wenn Z das Guthaben nicht wie fremdes, sondern wie eigenes Vermögen behandelte.

Sonstiges

Mindestlohn steigt auf 10,45 EUR

In Deutschland gibt es seit dem 1. Januar 2015 einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Er gilt als unterste Lohngrenze für nahezu alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ausgenommen sind nur wenige Personengruppen wie Auszubildende, Langzeitarbeitslose oder teilweise Praktikantinnen und Praktikanten.
Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit dem 1. Januar 2022 9,82 Euro pro Stunde. Zum 1. Juli 2022 steigt er planmäßig auf 10,45 EUR.
Nach einem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums soll der Mindestlohn 2022 noch auf 12 Euro steigen.

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