Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft
— August 2023 —
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.
Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!
Land- und Forstwirtschaft
Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen sind gesondert festzustellen
Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen i. S. v. § 34b EStG sind als Teilder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen.
Hintergrund
Der Kläger hat seinen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts A. Im Streitjahr 2018 erzielte er u. a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem in Bundesland X belegenen Forstbetriebs. Das für die gesonderte Feststellung dieser Einkünfte zuständige Finanzamt Y erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2018 und stellte laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. H. v. 118.226 EUR fest.
Das Finanzamt übernahm diese Besteuerungsgrundlagen in den Einkommensteuerbescheid 2018. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Die von ihm in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten besonderen Steuersätze für die Kalamitätsnutzung gem. § 34b EStG seien nicht angewendet worden. Von den Einkünften aus Forstwirtschaft seien 111.733,76 EUR aus windbruchbedingten Notverkäufen entstanden. Davon unterlägen 73,31 % der Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes und 26,69 % dem Viertel-Steuersatz.
Das Wohnsitz-Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Es seien nur Einwendungen vorgetragen worden, die sich gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften richteten. Hierbei handele es sich um einen Grundlagenbescheid. Bei der Einkommensteuerfestsetzung im Folgebescheid seien Einwände gegen die Richtigkeit des Grundlagenbescheids ausgeschlossen. Die Klage des Steuerpflichtigen war erfolglos.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass eine Anwendung der besonderen Steuersätze des § 34b EStG durch das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klägers mangels gesonderter Feststellung von außerordentlichen (tarifbegünstigten) Einkünften aus Holznutzungen durch das Finanzamt Y nicht in Betracht kommt.
Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO werden gesondert festgestellt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist.
Dass diese Voraussetzungen für eine gesonderte Feststellung der Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft infolge des Auseinanderfallens der örtlichen Zuständigkeit für die gesonderte Gewinnfeststellung (Finanzamt Y als Lage-Finanzamt) und für die Steuern vom Einkommen (Finanzamt A als Wohnsitz-Finanzamt) dem Grunde nach vorliegen, ist offensichtlich.
Wie das FG zutreffend entschieden hat, sind die Einkünfte des Klägers aus außerordentlichen Holznutzungen i. S. v. § 34b EStG in diese gesonderte Feststellung einzubeziehen. Die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen gehören zu den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft. Sie sind dementsprechend im Rahmen dieser Einkünfte gem. § 34b EStG zu ermitteln und folglich auch mit den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen. Denn § 34b Abs. 2 EStG regelt die „Ermittlung der Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen“. Handelt es sich bei den fraglichen Einkünften aus außerordentlichen Holznutzungen – wie im Streitfall – um solche aus Land- und Forstwirtschaft, betrifft § 34b EStG demzufolge unmittelbar (auch) die Einkünfteermittlung. Insbesondere handelt es sich bei den außerordentlichen Einkünften i. S. d. § 34b EStG nicht um eine eigene, – der gesonderten Feststellung nicht unterfallende – weitere Einkunftsart.
Eine andere Frage ist es, wie sich im Falle des Vorliegens von Einkünften aus außerordentlichen Holznutzungen die Einkommensteuer nach § 34b Abs. 3 EStG bemisst. Die Gewährung der Tarifermäßigung selbst – d. h. die konkrete Höhe der Einkommensteuer für die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen – kann nicht im gesonderten Feststellungsverfahren, sondern nur im Veranlagungsverfahren durch das für die Einkommensbesteuerung zuständige Finanzamt erfolgen.
Dies setzt allerdings voraus, dass überhaupt Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen vorliegen. Hierzu gehört nach den vorstehenden Ausführungen auch die Feststellung der begünstigten außerordentlichen Einkünfte im Wege der Verhältnisrechnung nach § 34b Abs. 2 EStG, auf die die Tarifermäßigung anzuwenden ist. Denn soweit in den Einkünften (hier aus Forstwirtschaft) solche aus ordentlichen Holznutzungen enthalten sind, handelt es sich um laufende, nicht tarifbegünstigte Einkünfte. Die hierfür erforderlichen Feststellungen trifft allein das Feststellungs-Finanzamt. Insoweit geht es um die Einkünfteermittlung und nicht um die (nachgelagerte) Frage der Höhe der auf der Grundlage dieser Einkünfte (im Veranlagungsverfahren) festzusetzenden Einkommensteuer.
Da das Lage-Finanzamt Y vorliegend keine tarifbegünstigten Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen, sondern nur laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt hat, kommt eine Gewährung der Tarifermäßigung des § 34b Abs. 3 EStG durch das Finanzamt nicht in Betracht.
Private Immobilienbesitzer
Kaufpreiszahlung in Raten: Wie sind die Zinsen zu berücksichtigen?
Im Zusammenhang mit der Veräußerung von zum Privatvermögen gehörenden Gegenständen vereinbarte langfristige Kaufpreisraten sind in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufzuteilen. Das gilt auch, wenn keine Verzinsung vereinbart wurde.
Hintergrund
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen veranlagt. Sie haben versucht, ein geerbtes Einfamilienhaus zu vermieten und haben hierfür u. a. Zinsaufwendungen und Maklerkosten geltend gemacht. Da sich die Vermietung als schwierig erwiesen hat, haben die Kläger das Haus an ihren Sohn verkauft, wobei der Kaufpreis unverzinslich in Raten zu zahlen war.
Das Finanzamt hat den Kaufpreis, der durch wiederkehrende Leistungen beglichen wurde, in einen Zins- und Tilgungsanteil aufgeteilt, da ein zum Privatvermögen gehörendes Grundstück veräußert und die Kaufpreisforderung langfristig – länger als 1 Jahr – bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gestundet worden sei. Die Stundung enthalte einen darlehensähnlichen Charakter, sodass sie einen Zinsanteil enthalte. Dies gelte auch dann, wenn die Vertragsparteien keine Zinsen vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen hätten. Die Kläger vertraten dagegen die Ansicht, dass keine Zinsen aus den Kaufpreisraten zu berücksichtigen seien.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Der in den Kaufpreisraten enthaltene Zinsanteil stellt Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Wird ein zum Privatvermögen gehörender Gegenstand veräußert und die Kaufpreisforderung langfristig – länger als 1 Jahr – bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gestundet, so sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH die geleisteten Zahlungen (Kaufpreisraten) in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil zu zerlegen. Der Zinsanteil unterliegt als Ertrag aus sonstigen Kapitalforderungen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien Zinsen nicht vereinbart oder sogar aus-drücklich ausgeschlossen haben.
Bei der Berechnung des Zinsanteils sind die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG in Verbin-dung mit Anlage 9a BewG zu bestimmenden Barwerte zu Beginn und zum Ende des Streitjahres unter Zugrundelegung finanzmathematischer Grundsätze basierend auf einem Zinsfuß von 5,5 % zu ermitteln, soweit nicht ein höheren Rechnungszinsfuß vereinbart wurde.
Steuerrecht Privatvermögen
Kinderbetreuungskosten: Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit verfassungswidrig?
Die Regelung zu den Kinderbetreuungskosten in § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG verstößt nicht gegen die Steuerfreiheit des Existenzminimums und den allge-meinen Gleichheitssatz. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Betreuungsaufwendungen desjenigen Elternteils, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, durch den ihm gewährten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf abgedeckt werden.
Hintergrund
Der Kläger ist Steuerberater und Vater einer 2013 geborenen Tochter. Seit dem Jahr 2018 lebte er von der Mutter des Kindes dauernd getrennt. Im Streitjahr 2020 hatte die Tochter ihren ausschließlichen Wohnsitz bei der Mutter und gehörte nicht zum Haushalt des Klägers. Er schuldete den Barunterhalt, während die Mutter für die Betreuung der Tochter verantwortlich war. Ehegattenunterhalt zahlte der Kläger nicht.
Die Tochter besuchte im Streitjahr zunächst einen Kindergarten und nach ihrer Einschulung den Hort der Grundschule. Die Mutter überwies in diesem Jahr für den Be-such des Kindergartens insgesamt 250 EUR und für den Besuch des Schulhorts insgesamt 348 EUR an die jeweilige Einrichtung. Der Kläger erstattete der Mutter jeweils den halben Monatsbeitrag.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2020 machte der Kläger die Hälfte der Be-treuungsaufwendungen für Kindergarten und Schulhort als Sonderausgaben geltend. Die „Höhe der getragenen Kinderbetreuungskosten“ gab er mit 299 EUR an.
Im Einkommensteuerbescheid für 2020 versagte das Finanzamt dem Kläger den begehrten Sonderausgabenabzug für die Kinderbetreuungskosten, da die Tochter während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht zum Haushalt des Klägers gehörte.
Das FG wies die Sprungklage ab.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Dem Sonderausgabenabzug des Klägers steht entgegen, dass die Tochter im Streitjahr allein zum Haushalt der Mutter und nicht auch zum Haushalt des Klägers gehörte. Der steuerliche Abzug für die konkreten vom Kläger getragenen Kosten der Betreuung der Tochter im Kindergarten und im Schulhort lässt sich auch nicht auf eine andere Vorschrift des EStG stützen.
Die als Verfahrensmangel des FG gerügte Verletzung der Pflicht, dem BVerfG die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle zur verfassungsgerichtlichen Prüfung vorzulegen, liegt nicht vor. Die Voraussetzungen für die Vorlage an das BVerfG im erstinstanzlichen Verfahren waren nicht gegeben. Dass ein Beteiligter des Klageverfahrens eine entscheidungserhebliche Norm für verfassungswidrig hält, begründet keine Vorlagepflicht des zur Entscheidung berufenen Gerichts, das von der Verfassungswidrigkeit nicht überzeugt ist.
Der BFH ist ebenfalls nicht davon überzeugt, dass § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG im Fall des Klägers ein Eltern- bzw. Familiengrundrecht oder den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt.
Ein Verstoß des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG gegen Art. 6 Abs. 1 GG ist im Hinblick auf das Existenzminimum der Tochter, des Klägers oder seiner Familie schon wegen der gewährten Freibeträge zu verneinen. Gemäß § 32 Abs. 6 EStG erhielt der Kläger im Streitjahr für die bei beiden Eltern zu berücksichtigende minderjährige Tochter den Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) und daneben auch den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag).
Aufgrund des ausdrücklich auch den Betreuungsbedarf betreffenden BEA-Freibetrags ist im Streitfall eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG in Gestalt einer Beeinträchtigung des familiären Existenzminimums durch die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht ersichtlich. Denn der dem Kläger gewährte BEA-Freibetrag lag mit 1.320 EUR wesentlich höher als der von ihm für die Kindergarten- und Hortbeiträge entrich-tete Betrag von 299 EUR, dessen Abzug als Sonderausgaben er i. H. v. 199 EUR unter Verweis auf das GG begehrt. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass das Existenzminimum der Tochter, des Klägers oder der Familie des Klägers wegen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht mehr gewahrt gewesen sein könnte.
Kindesunterhalt unrichtig angegeben: Kann der Steuerbescheid geändert werden
Einkommensteuerbescheide, in denen der Kindesunterhalt unrichtig angegeben ist, können nicht geändert werden, wenn den Steuerpflichten ein grobes Verschulden trifft.
Hintergrund
Die Klägerin hatte den vom Kindsvater erhaltenen Barunterhalt für ein Kind in den mit ELSTER abgegebenen Einkommensteuererklärungen unzutreffend in der für Unter-haltsleistungen des geschiedenen oder getrenntlebenden Ehegatten vorgesehenen Zeile eingetragen. Dadurch wurde der Barunterhalt für das Kind in den bestandskräftig gewordenen Steuerbescheiden unrichtigerweise nach § 22 Nr. 1a EStG besteuert. Die Klägerin beantragte die Änderung der Steuerbescheide. Das Finanzamt lehnte dies ab. Insbesondere lagen die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht vor.
Entscheidung
Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Das FG hat die Klage als unbegründet zu-rückgewiesen, da die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht vorliegen. Der Klägerin ist ein grobes Verschulden i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO anzulasten, da auch die Steuerpflichtige, der steuerrechtliche Kenntnisse fehlen, im Erklärungsformular ausdrücklich gestellte Fragen beantworten und die beigefügten Erläuterungen mit der von ihr zu erwartenden Sorgfalt lesen und beachten muss. Dies gilt jedenfalls dann, wenn solche Fragen und Hinweise ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind.
So liegt nach Auffassung des FG der Fall hier. In den von der Klägerin ausgefüllten elektronischen Formularen hätte sie durch einfachen Mausklick auf das Fragezeichen in Zeile 6 des für die in Rede stehenden Unterhaltsleistungen vorgesehenen Eingabe-feldes den auch für steuerliche Laien verständlichen Hinweis erhalten können, dass dort nur Unterhaltsleistungen einzutragen sind, die die Steuerpflichtige vom geschiedenen Ehegatten erhält, wenn die Unterhaltsleistungen mit Zustimmung als Sonderausgaben abgezogen werden können.
Bei der gebotenen Lektüre des Hinweises wäre der Rechtsirrtum von vornherein vermieden worden.