Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft
«ZMSD/Mdt/Briefanrede»
auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.
Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
Was gilt bei nicht ausgezahlten Tantiemen bei beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer?
Tantiemeforderungen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen sind, fließen dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, auch wenn eine dahingehende Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den festgestellten Jahresabschlüssen hätte gebildet werden müssen.
Hintergrund
Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Laut Geschäftsführervertrag erhält er für seine Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt. Des Weiteren ist ihm darin eine Tantieme i. H. v. 20 % des Jahresgewinns zugesagt, die einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung zu zahlen und der Höhe nach auf maximal 30 % der Festvergütung begrenzt ist.
Die vereinbarten Tantiemen wurden dem Kläger in den Streitjahren (2015 bis 2017) weder ausgezahlt noch hat die GmbH in den Jahresabschlüssen entsprechende Passivposten gebildet.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gab der Kläger Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit ohne Tantiemen an. Das Finanzamt ging davon aus, dass auch die nicht ausgezahlten Tantiemen jeweils in der vereinbarten Höhe von 20 % des Gewinns des Vorjahres vom Kläger als Arbeitslohn zu versteuern seien. Denn bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer gälten Tantiemen zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung als zugeflossen. Ob sie tatsächlich ausgezahlt worden seien, sei unerheblich, da es der Gesellschafter-Geschäftsführer selbst in der Hand habe, sich die Tantiemen auszahlen zu lassen.
Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG statt.
Entscheidung
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Nach ständiger Rechtsprechung trete der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Das sei i. d. R. der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs. Geldbeträge flössen danach zu, wenn sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben würden.
Der BFH gehe zudem in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift vorliegen könne. Danach flössen dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Denn ein beherrschender Gesellschafter habe es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig sei. Allerdings würden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schulde und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt hätten. Fällig werde der Anspruch auf Tantiemen erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbarten.
Die GmbH habe die Tantiemeforderungen des Klägers in ihren Jahresabschlüssen nicht als Verbindlichkeit abgebildet. Diese Jahresabschlüsse habe die Gesellschafterversammlung der GmbH entsprechend festgestellt. Folglich seien die streitigen Tantiemeansprüche nicht fällig. Ob die dahingehenden Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung hätten passiviert werden müssen, sei insoweit unerheblich. Denn ein dahingehender Pflichtenverstoß könne die Fälligkeit einer im festgestellten Jahresabschluss nicht enthaltenen Tantiemeforderung nicht begründen. Deshalb sei insoweit auch ohne Bedeutung, ob die fehlende Passivierung einer Verbindlichkeit einem Buchungsfehler geschuldet sei, oder ob eine Bilanzierung aus anderen Gründen von vornherein nicht in Betracht komme, etwa weil die Tantiemezusage vor der Entstehung der darin vereinbarten Tantiemeansprüche einvernehmlich aufgehoben worden sei.
Die Feststellungen des FG reichten allerdings nicht aus, um entscheiden zu können, ob dem Kläger die Forderungswerte der Tantiemeansprüche zugeflossen seien, weil er durch einen Verzicht auf seine Tantiemeansprüche eine verdeckte Einlage in die GmbH erbracht habe.
Es fehle vorliegend an Feststellungen des FG, warum die Tantiemen nicht ausgezahlt bzw. entsprechende Forderungen des Klägers nicht als Verbindlichkeiten passiviert worden seien.
Insbesondere sei aus den Akten nicht zu erkennen, ob der Kläger einvernehmlich mit der GmbH die Tantiemezusage vor der Entstehung der Tantiemeansprüche zum jeweiligen Jahresende aufgehoben habe, oder ob der Kläger auf die bereits entstandenen Tantiemeansprüche verzichtet habe. Nur in letzterem Fall wäre eine verdeckte Einlage der Forderungswerte der Tantiemeansprüche in die GmbH zu bejahen.
Das FG wird im zweiten Rechtsgang festzustellen haben, ob und falls ja, wann der Kläger auf die in dem Geschäftsführervertrag vereinbarten Tantiemeansprüche gegenüber der GmbH verzichtet habe.
Lohn und Gehalt
Bemessungsgrundlage für die Steuerfreiheit bei Nachtzuschlägen
Die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Bereitschaftsdienste, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht und gesondert vergütet werden, bemisst sich nach dem Arbeitslohn für die regelmäßige Arbeitszeit und nicht nach dem Bereitschaftsdienstentgelt.
Hintergrund
Die Klägerin betreibt eine Förderschule mit angeschlossenem Internat für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen, die von den Mitarbeitern auch in der Nacht betreut werden.
Die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit des Betreuungspersonals betrug im Streitzeitraum (Januar 2014 bis Dezember 2017) bei Vollzeitbeschäftigung durchschnittlich 39 Stunden. Die regelmäßigen monatlichen Dienstbezüge (Grundlohn) setzten sich aus der monatlichen Regelvergütung, der Kinderzulage und den sonstigen Zulagen zusammen. Die Zeit der nächtlichen Beaufsichtigung wurde gemäß den arbeitsvertraglichen Regelungen als Bereitschaftsdienst behandelt.
Nach den arbeitsvertraglichen Regelungen wurde die Bereitschaftsdienstzeit zum Zwecke der Entgeltberechnung faktorisiert und nur zu 25 % als Arbeitszeit entgolten. Daneben erhielten die Mitarbeiter für den Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden je tatsächlich geleisteter Stunde einen Zeitzuschlag i. H. v. 15 % des auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelts.
Das den Mitarbeitern danach zustehende Bereitschaftsdienstentgelt versteuerte die Klägerin, soweit die faktorisierte Arbeitszeit entgolten wurde, regulär. Den Zeitzuschlag für die Zeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr zahlte sie steuerfrei aus.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die den Beschäftigten gezahlten Zuschläge über den gesetzlichen Höchstgrenzen gelegen hätten. Sie seien insoweit zu Unrecht steuerfrei ausgezahlt worden. Als Bemessungsgrundlage für die Steuerfreiheit der Zuschläge und damit als Grundlohn sei lediglich das Entgelt für den Bereitschaftsdienst anzusetzen. Das Finanzamt erließ einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnsteuerbeträge für den Streitzeitraum.
Das FG folgte dieser Auffassung nicht und gab der erhobenen Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen und die Auffassung des FG bestätigt.
Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 EUR anzusetzen. Grundlohn steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er diesem bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird.
Der Grundlohn ist von den sonstigen Bezügen abzugrenzen. Laufender Arbeitslohn ist danach das dem Arbeitnehmer regelmäßig zustehende Arbeitsentgelt und damit das Monatsgehalt, der Wochen- oder Tageslohn, Überstundenvergütungen, laufende Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen.
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist weiter, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte geleistete Tätigkeit sein. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt ist. Es muss sich bei den Zuschlägen objektiv um ein zusätzlich (zum Grundlohn) geschuldetes Arbeitsentgelt für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit handeln.
Darüber hinaus muss die Zahlung des Zuschlags zweckbestimmt erfolgen. Die Steuerbefreiung setzt dementsprechend voraus, dass die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind.
Zur tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit zählt jede arbeitsvertraglich geschuldete (Berufs-)Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit auch jede vom Arbeitgeber zu den begünstigten Zeiten verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit des Arbeitnehmers oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ist daher jede zu den begünstigten Zeiten tatsächlich im Arbeitgeberinteresse ausgeübte Tätigkeit des Arbeitnehmers. Dazu gehört auch das bloße Bereithalten einer tatsächlichen Arbeitsleistung, wenn gerade dieses arbeitsvertraglich geschuldet ist.
Eine Beschränkung der Steuerbefreiung für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge auf tatsächlich belastende Tätigkeiten während der begünstigten Zeiten ist im Gesetz nicht angelegt. Das Gesetz schöpft den steuerlichen Entlastungsgrund abstrakt-generell und typisierend aus dem Umstand, dass der Dienst zu den dort genannten Zeiten geleistet und dies als in besonderer Weise belastend erachtet wird. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist daher, dass eine zuschlagsbewehrte Tätigkeit zu den begünstigten Zeiten tatsächlich ausgeübt wird. Ob die zu diesen Zeiten verrichtete Tätigkeit den einzelnen Arbeitnehmer in besonderer Weise fordert oder ihm „leicht von der Hand“ geht, ist nicht entscheidend.
Zudem erfordert die Steuerfreiheit der Zuschläge grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen oder zur Nachtzeit. Dadurch soll von vornherein gewährleistet werden, dass ausschließlich Zuschläge steuerfrei bleiben, bei denen betragsmäßig genau feststeht, dass sie nur für die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden und keine allgemeinen Gegenleistungen für die Arbeitsleistung darstellen. Hieran fehlt es, wenn die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit lediglich allgemein abgegolten wird, da hierdurch weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach Prozentsätzen des Grundlohns) möglich ist.
Danach war die Vorentscheidung nicht zu beanstanden.
Unstreitig ist, dass die Klägerin die streitigen Zuschläge nur insoweit steuerfrei belassen hat, als sie auf tatsächlich von den Mitarbeitern zu den begünstigten Zeiten geleistete Arbeit entfielen und dass die geleisteten zuschlagsbewehrten Arbeitsstunden ordnungsgemäß aufgezeichnet wurden.
Die Klägerin hat die steuerfrei belassenen Nachtarbeitszuschläge auch neben dem Grundlohn (zusätzlich) geleistet.
Nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Regelungen setzte sich das Arbeitsentgelt der Mitarbeiter der Klägerin unter anderem aus der Grundvergütung (Tabellenentgelt), dem faktorisierten Bereitschaftsdienstentgelt und den Zuschlägen für die Zeit des Bereitschaftsdienstes in den Nachtstunden zusammen. Die Zuschläge wurden zusätzlich zu dem Bereitschaftsdienstentgelt je (Nacht-)Stunde i. H. v. 15 % des auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelts gezahlt. Die arbeitsvertraglichen Regelungen unterscheiden damit hinreichend zwischen der Grundvergütung (Tabellenentgelt), dem Bereitschaftsdienstentgelt und den streitbefangenen steuerfreien Zuschlägen. Letztere stellen sich daher nicht als Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, zu den begünstigten Zeiten geleistete Tätigkeit bei der Klägerin dar.
Der Steuerfreiheit der Zuschläge steht nicht entgegen, dass die Mitarbeiter der Klägerin während ihrer Bereitschaftsdienste keinen Anspruch auf Grundlohn hatten, sondern diese Tätigkeit mit dem Bereitschaftsdienstentgelt „gesondert“ vergütet wurde.
Mit dem Tabellenentgelt wird die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit abgegolten. Leisten Mitarbeiter Bereitschaftsdienst, haben sie einen zusätzlichen Anspruch auf das Bereitschaftsdienstentgelt. Die Faktorisierung der Arbeitszeit des Bereitschaftsdienstes – im Streitfall 25 % – dient nur dem Zweck der Entgeltberechnung und begegnet auch arbeitsrechtlich keinen Bedenken.
Auch wenn das Bereitschaftsdienstentgelt nach diesen Grundsätzen nicht zum laufenden Arbeitslohn und damit nicht zum Grundlohn gehört, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht, werden die während der Nachtbereitschaft erdienten Zuschläge nicht nur neben dem Bereitschaftsdienstentgelt, sondern jedenfalls auch neben dem – weil zusätzlich hierzu gewährten – Grundlohn geleistet.
Die Höhe der Steuerfreiheit der Nachtarbeitszuschläge ist nicht nach dem (anteilig) für den Bereitschaftsdienst gezahlten Bereitschaftsdienstentgelt, sondern nach dem vollen auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelt zu bemessen. Denn nur das Tabellenentgelt ist der Grundlohn und damit die maßgebliche Größe, nach der die Steuerfreiheit der Zuschläge der Höhe nach zu berechnen ist. Eine andere „Bemessungsgrenze“ kennt das Gesetz nicht. Dass der Bereitschaftsdienst nach den arbeitsvertraglichen Regelungen nur angeordnet werden durfte, wenn zu erwarten war, „dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt“, steht dem nicht entgegen. Denn eine konkret (individuell) belastende Tätigkeit verlangt das Gesetz für die Steuerfreiheit von Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschlägen nicht.
Ausgehend hiervon überschritten die von der Klägerin steuerfrei gezahlten Zuschläge für die geleistete Nachtbereitschaft die höchstens steuerfrei anwendbaren Prozentsätze unstreitig nicht.
Private Immobilienbesitzer
Eilanträge zum neuen Grundsteuer- und Bewertungsrecht erfolgreich
Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG sind bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann.
Hintergrund
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Der Bodenrichtwert für das 351 qm große und mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück betrug zum 1.1.2022 125 EUR pro qm.
In ihrer Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts gab die Antragstellerin als Art des Grundstücks „Einfamilienhaus“ an, das erstmals vor 1949 bezugsfertig gewesen sei und über eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 72 qm verfüge.
Mit Bescheid vom 28.12.2022 stellte das Finanzamt den Grundsteuerwert der wirtschaftlichen Einheit zum 1.1.2022 auf 91.600 EUR fest. Diesen Betrag ermittelte das Finanzamt aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags des Grundstücks und des abgezinsten Bodenwerts.
Gegen den Bescheid vom 28.12.2022 legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Den Antrag auf AdV lehnte das Finanzamt ab. Den gegen die Ablehnung der AdV eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück, da der festgestellte Grundsteuerwert und der Grundsteuermessbetrag zutreffend nach den gesetzlichen Regelungen ermittelt worden seien. Bei der Bewertung für Grundsteuerzwecke handele es sich um eine typisierte Bewertung, die keine individuelle Verkehrswertermittlung in Bezug auf das Objekt darstelle.
Die Antragstellerin stellte daraufhin einen Antrag auf AdV beim FG, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass seit dem Baujahr des Einfamilienhauses im Jahr 1880 keine wesentlichen Renovierungen vorgenommen worden seien. Der festgestellte Grundsteuerwert sei daher gemessen am Wert des Hauses zu hoch.
Das FG hat die Vollziehung des Grundsteuerwertbescheids ausgesetzt und die Beschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen, die vom Finanzamt auch eingelegt wurde.
Entscheidung
Der BFH hat entschieden, dass die Beschwerde des Finanzamts unbegründet ist. Zu Recht hat das FG den angefochtenen Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert von der Vollziehung ausgesetzt, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.
Der BFH hat einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 28.12.2022 in Bezug auf die Höhe des festgestellten Grundsteuerwerts. Die Zweifel ergeben sich daraus, dass dem Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden muss, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.
Bei der Neuregelung der Grundsteuer hat der Gesetzgeber allein an das Innehaben von Grundbesitz und die damit verbundene (abstrakte) Leistungskraft angeknüpft, ohne dass es auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, die Ausdruck seiner subjektiven Leistungsfähigkeit sein können, ankommt. Belastungsgrund ist nach der gesetzgeberischen Vorstellung die durch den Grundbesitz vermittelte Möglichkeit einer ertragsbringenden Nutzung, die sich im Sollertrag widerspiegelt und eine objektive Leistungsfähigkeit vermittelt.
Eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende und das daraus folgende Übermaßverbot beachtende Besteuerung ist wegen dieser Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers daher grundsätzlich nur dann gewährleistet, wenn sich das Gesetz auf der Bewertungsebene am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel orientiert und den Sollertrag mittels einer verkehrswertorientierten Bemessungsgrundlage bestimmt.
Soweit sich im Einzelfall ein Unterschied zwischen dem gem. §§ 218 ff. BewG ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt, ist dies aufgrund der typisierenden und pauschalierenden Wertermittlung des Bewertungsgesetzes, die notwendigerweise mit Ungenauigkeiten verbunden ist, grundsätzlich hinzunehmen.
Verfassungsgemäß ist solch eine typisierende Regelung aber nur solange, wie ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall entweder durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden kann.
Das Übermaßverbot kann insbesondere dann verletzt sein, wenn sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Nach der bisherigen Rechtsprechung setzt dies regelmäßig voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt.
Der BFH hat zu verschiedenen typisierenden Bewertungsnormen entschieden, dass bei Ausschluss von Billigkeitsmaßnahmen in verfassungskonformer Auslegung der betreffenden Vorschriften der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das grundgesetzliche Übermaßverbot zuzulassen ist, wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt hat.
Besteht die Möglichkeit einer solchen verfassungskonformen Auslegung, sind die pauschalierenden und typisierenden Bewertungsvorschriften nicht verfassungswidrig. Vielmehr ist dem Einwand möglicher verfassungswidriger Überbewertungen durch Anwendung dieser Vorschriften grundsätzlich der Boden entzogen.
Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen und zugleich ausreichenden summarischen Prüfung auf die Bewertung nach dem Siebenten Abschnitt des Bewertungsgesetzes, die eine abweichende Wertfeststellung aus Billigkeitsgründen nicht vorsieht, zu übertragen, sodass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung im konkreten Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts in verfassungskonformer Auslegung der §§ 218 ff. BewG im Hauptsacheverfahren gelingt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es bei summarischer Prüfung im Streitfall zumindest möglich, dass der im angefochtenen Grundsteuerwertbescheid nach dem typisierten Bewertungsverfahren festgestellte Wert erheblich von dem gemeinen Wert der wirtschaftlichen Einheit abweicht und ein entsprechender Nachweis dieser Abweichung – beispielsweise durch ein Sachverständigengutachten – geführt werden kann.
Steuerbefreite Photovoltaikanlagen: Investitionsabzugsbeträge können rückgängig gemacht werden
Die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen für die Anschaffung von ab dem Jahr 2022 steuerbefreiten Photovoltaikanlagen, welche zum Wegfall der eingetretenen Steuerminderung führt, ist nicht zu beanstanden.
Hintergrund
Der Antragsteller bildete im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2021 für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage auf seinem Einfamilienhaus einen steuermindernden Investitionsabzugsbetrag. Im November 2022 schaffte er die Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 11,2 kWp an. Der Gesetzgeber stellte jedoch mit dem Jahressteuergesetz vom 17.12.2022 rückwirkend zum 1.1.2022 u. a. Einnahmen aus Photovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern mit einer Leistung von bis zu 30 kWp steuerfrei.
Das Finanzamt machte daher den bislang für 2021 gewährten Investitionsabzugsbetrag rückgängig, was zum Wegfall der eingetretenen Steuerminderung und für den Antragsteller zu einer Nachzahlung führte. Da das Finanzamt die Aussetzung der Steuernachzahlung von der Vollziehung bis zur Entscheidung über seinen Einspruch ablehnte, hat der Antragsteller beim FG die Aussetzung der Vollziehung beantragt, da die Streichung des Investitionsabzugsbetrags unzulässig sei.
Er habe sich vor der Gesetzesänderung zur Anschaffung der Photovoltaikanlage entschlossen und darauf vertraut, Einkommensteuern zu sparen.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags zulässig sei. Es bestehe kein besonderes Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da ihm durch die nachträgliche Streichung keine irreparablen Nachteile drohten. Die Rückgängigmachung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es gebe keinen besonderen Schutz der Erwartung, dass die bisherige Rechtslage bestehen bleibe. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass durch die rückwirkende Steuerbefreiung allgemein eine günstigere Rechtslage eingetreten sei, von der zahlreiche Steuerzahlende profitierten. Der Umstand, dass hiermit als Rechtsreflex auch für Einzelne steuerlich nachteilige Folgen verbunden seien, führe nicht zu einem anderen Ergebnis.
Steuerrecht Unternehmer
Anbieten von Kraftfahrzeugen und Standplatzvermietung
Die Vermietung von Kfz-Stellplätzen anlässlich von Automärkten ist eine steuerfreie Vermietung an die potenziellen Verkäufer der Kraftfahrzeuge, wenn die erbrachten weiteren Leistungen an die potenziellen Kfz-Verkäufer unwesentlich und damit nicht leistungsbestimmend sind. Jedoch entfällt die Steuerbefreiung, wenn es sich um eine Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen handelt.
Hintergrund
Die Klägerin veranstaltete in den Streitjahren 2013-2017 an verschiedenen Standorten Automärkte und vermietete Pkw-Verkaufsplätze an private und gewerbliche Verkaufsinteressenten. Nach Entgeltentrichtung durften die Verkäufer innerhalb der Verkaufsfläche an dem zugewiesenen Stellplatz ihren Pkw anbieten. Das anwesende Kassen- und Ordnungspersonal der Klägerin leistete keine Unterstützung bei den Verkaufsprozessen.
Ein der Klägerin gehörendes Geldscheinprüfgerät durften die Verkäufer benutzen. Bei den Automärkten auf dem Gelände von Autokinos gab es sog. Snackbars in feststehenden Gebäuden. Insoweit hatten Besucher und Verkäufer die gleichen Preise zu bezahlen. Teilweise boten Drittanbieter die Erstellung von Autokennzeichen gegen Entgelt an.
Entscheidung
Zwar erbringt die Klägerin nach Auffassung des FG eine Grundstücksvermietung, jedoch handelt es sich dabei um eine nicht steuerbefreite Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen.
Die Vermietung von Kfz-Stellplätzen anlässlich von Automärkten ist eine steuerfreie Vermietung an die potenziellen Verkäufer der Kfz, wenn die erbrachten weiteren Leistungen an die potenziellen Kfz-Verkäufer wie hier unwesentlich und damit nicht leistungsbestimmend sind.
Im Streitfall erbrachte die Klägerin als weitere zusätzliche Leistungen u. a. die Stellung von Kassen- und Ordnungspersonal und eines Geldscheinprüfgeräts sowie den Verkauf von Essen und Trinken an Snackbars gegen extra Entgelt. Hierbei handelt es sich jedoch im Verhältnis zur Platzvermietung nur um geringfügige Leistungen. So unterstützte das o. g. Personal des Klägers die Verkäufer nicht bei den Verkaufsprozessen. Auch konnten Dienstleistungen von Drittanbietern der Klägerin nicht zugerechnet werden.
Der Verkauf von Essen und Trinken an den Snackbars gegen gesondertes Entgelt durch die Klägerin war nicht untrennbar mit der Vermietungsleistung an die Verkäufer verbunden. Die genannten zusätzlichen Leistungen der Klägerin sind so unwesentlich, dass die Leistungen der Klägerin insgesamt als Vermietung eines Stellplatzes für ein Fahrzeug anzusehen sind.
Diese geringfügigen zusätzlichen Leistungen führen dazu, dass es sich nicht um eine Zurverfügungstellung einer „Automarktplattform“ handelt.
Die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ist nicht befreit. Sinn und Zweck der Befreiung von Vermietungsleistungen sind soziale Gründe gewesen. Diese sozialen Gründe liegen z. B. bei der Vermietung von Bootliegeplätzen nicht vor. Dies gilt generell für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Beförderungsmitteln und damit auch bei der Vermietung von Stellplätzen zum Abstellen für von zum Verkauf bestimmten Fahrzeuge.
Im Streitfall hat die Klägerin solche Vermietungsleistungen ausgeführt und diese stellen nicht nur Nebenleistungen dar. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass sie Kfz-Anbietern lediglich die Berechtigung einräume, eine Verkaufsfläche in Form eines Stellplatzes zu nutzen.
Steuergeheimnis: Was darf im Außenprüfungsbericht stehen?
Eine Verletzung des Steuergeheimnisses liegt nicht vor, wenn (Roh-)Gewinndaten und Vertriebskosten des Bauträgers von zu sanierenden Wohnungen für die korrekte Berechnung der Absetzung für Abnutzung in einem Prüfungsbericht dargestellt werden und deshalb die Erwerber der Wohnungen und Feststellungsbeteiligten von diesen Daten Kenntnis erlangen könnten.
Hintergrund
Klägerin ist eine Bauträgerin. Ihr Geschäftszweck bestand u. a. im Ankauf von Grundstücken, die mit Mehrfamilienhäusern bebaut waren, deren Aufteilung in Wohnungseigentum, der Sanierung und dem Weiterverkauf der Wohnungen. Zu diesem Zweck schloss sie mit den Erwerbern der Wohnungen Verträge ab, die regelmäßig als Modernisierungswerk- und Kaufverträge bezeichnet wurden. In allen hier streitigen Fällen war zum Zeitpunkt des Abschlusses der jeweiligen notariellen Verträge bereits mit der Sanierung der Wohnungen begonnen worden.
In den streitgegenständlichen Verträgen zwischen der Klägerin und den Käufern wurde einzeln beziffert, welcher Teil des von den Erwerbern gezahlten Kaufpreises auf Grund und Boden, Altbausubstanz und Sanierungs- und Modernisierungskosten entfallen sollte.
Bei einer Außenprüfung kam das Finanzamt bei allen streitgegenständlichen Objekten zu dem Ergebnis, dass die Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden, Altbausubstanz und Sanierungs- und Modernisierungskosten zu Lasten des Fiskus unzutreffend erfolgt sei. Insbesondere beanstandete sie, dass der (Roh-)Gewinn der Klägerin vollständig den „Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen“ zugerechnet worden sei, obwohl der Erwerb nach Beginn der entsprechenden Maßnahmen erfolgt sei. In diesen Fällen sei die Bemessungsgrundlage für die AfA folglich zu hoch angesetzt worden; denn der insgesamt angefallene Sanierungsaufwand sei auf die Zeit vor beziehungsweise nach Abschluss der jeweiligen notariellen Verträge aufzuteilen.
Die Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts beabsichtigte, entsprechend dieser Auffassung die Prüfungsberichte zu erstellen. Nachdem das Finanzamt der Klägerin den Entwurf der Prüfungsberichte zugeleitet und signalisiert hatte, dass es sich der Auffassung der Außenprüfung anschließen wolle, erhob die Klägerin unter Berufung auf das Steuergeheimnis (vorbeugende) Unterlassungsklage. Sie beantragte u. a. dem Finanzamt zu untersagen, ihre Geschäftsdaten wie Rohgewinn, Vertriebskosten, Bautenstandsüberzahlungen in die bis zum Kaufvertragsabschluss entstandenen Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen einzurechnen und in einem Prüfungsbericht auszuwerten.
Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er personenbezogene Daten eines anderen, die ihm unter anderem in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, unbefugt offenbart oder verwertet. Fremde Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind ausdrücklich geschützt.
Die Auswertung der Geschäftsdaten hinsichtlich des Rohgewinns mit den Vertriebskosten in den Betriebsprüfungsberichten verletzt nicht das Steuergeheimnis der Klägerin.
Bei den im Streitfall betroffenen Daten über den Rohgewinn etc. handelt es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Diese sind dem Betriebsprüfer im Rahmen einer Außenprüfung bekannt geworden und würden durch die Aufnahme in die Prüfungsberichte mit großer Wahrscheinlichkeit Dritten offenbart werden. Denn der Inhalt der Prüfungsberichte ist gegenüber den Erwerbern spätestens im Rahmen eines Einspruchsverfahrens offenzulegen; dies wird durch das Steuergeheimnis nicht eingeschränkt. Die den jeweiligen Einspruchsführer direkt betreffenden Passagen können offengelegt werden.
Im Streitfall ist das Finanzamt zur Offenbarung der Daten befugt.
Die Offenbarung der das Steuergeheimnis betreffenden Verhältnisse eines Dritten ist zulässig, wenn sie u. a. der Durchführung eines Besteuerungsverfahrens dient. Dies ist dann der Fall, wenn die Daten eine Prüfung der in einem solchen Verfahren relevanten Tatbestandsmerkmale ermöglichen, erleichtern oder auf eine festere Grundlage stellen können. Es muss ein unmittelbarer funktionaler Zusammenhang zwischen der Offenbarung und der Verfahrensdurchführung bestehen.
Nach diesen Maßstäben ist das Finanzamt zur Offenbarung der Daten in den Betriebsprüfungsberichten befugt. Denn es besteht ein unmittelbarer funktionaler Zusammenhang zwischen der Offenbarung der streitgegenständlichen Daten und der Berechnung der Höhe der AfA.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht dem Ergebnis, dass die Daten über den Rohgewinn etc. folglich in den Prüfungsberichten zur richtigen Aufteilung der jeweiligen Anschaffungskosten zu erfassen sind und hierdurch nicht das Steuergeheimnis verletzt wird, nicht entgegen. Die streitgegenständlichen Daten sind für die zutreffende Veranlagung der Erwerber erforderlich. Eine Möglichkeit zur zumutbaren anderweitigen Erlangung der dargestellten relevanten Informationen ist nicht ersichtlich. Auch die Klägerin selbst hat keine andere Möglichkeit dargelegt, die für die Feststellungsbescheide maßgeblichen Daten zur Verfügung zu stellen.
Welcher Steuersatz gilt für die Überlassung von Parkplätzen an Hotelgäste?
Sind Parkplatzgestellungen an Hotelgäste selbstständige Hauptleistungen zu den ermäßigt zu besteuernden Übernachtungsleistungen und deshalb von der Steuersatzermäßigung ausgenommen? Diese Frage hat der BFH hat dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Hintergrund
Die Klägerin betrieb ein Hotel und Restaurant. Die Gäste des Hotels erhielten zur Übernachtung auch ein Frühstück, das mit jeweils 4,50 EUR verrechnet wurde, soweit ein Gast auf Anfrage nur eine Übernachtung ohne Frühstück in Anspruch nehmen wollte. Hotel und Restaurant verfügten über einen eigenen Parkplatz, der kostenfrei genutzt werden konnte.
Seit Juni 2018 wies die Klägerin für Übernachtung, Frühstück und Parkplatz als einheitliche Leistung den ermäßigten Steuersatz von 7 % aus. Sie erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juni 2018 bis Mai 2019 dementsprechende Umsätze.
Nach 2 Außenprüfungen bei der Klägerin für die Monate April 2018 bis Juni 2018 sowie Juli 2018 bis Mai 2019 vertrat die Prüferin die Auffassung, die Leistungen für Frühstück und Parkplatz seien mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu besteuern. Bei einer geschätzten Auslastung des Hotels von 70 % seien für das Frühstück 4,50 EUR und für den Parkplatz 1,50 EUR anzusetzen. Hinsichtlich des Parkplatzes nahm die Prüferin für Reisegruppen, Familien und Gäste ohne Fahrzeug einen Abschlag von 20 % vor.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichte die Klägerin die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2018 ein. Die darin erklärten Umsätze zu 7 % und 19 % entsprachen denen, die den Bescheiden über die Umsatzsteuervorauszahlungen zugrunde lagen. Das Finanzamt wies die Einsprüche als unbegründet zurück.
Das FG wies die Klage ab. Es entschied, das Frühstück und die Parkplatzgestellungen seien keine Nebenleistungen zur Beherbergung, sondern selbstständige Hauptleistungen.
Entscheidung
Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass es sich bei dem Frühstück um eine selbstständige Hauptleistung handelt, während seine tatsächliche Würdigung, auch die Parkplatzgestellung sei eine selbstständige Hauptleistung, revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standhält.
Eine Leistung ist nicht als Nebenleistung zur kurzfristigen Vermietung (Beherbergung von Fremden), sondern als Hauptleistung anzusehen, wenn sie der Mieter (hier: Hotelgast) einzeln – wie zum Beispiel nach Anzahl der Frühstücksleistungen oder Parkdauer – hinzubuchen oder abwählen kann und sich hierdurch das Entgelt dementsprechend erhöht oder verringert. In einem solchen Fall sind Leistungen, die neben der Vermietung zur kurzfristigen Beherbergung erbracht werden, grundsätzlich als von dieser getrennt zu betrachten.
Das FG hat nach den vorgenannten Grundsätzen zu Recht angenommen, dass hinsichtlich des Frühstücks, das vom Gast gegen Verrechnung eines Gegenwerts i. H. v. 4,50 EUR jeweils abgewählt werden konnte, eine selbstständige Leistung vorliegt. Da diese selbständige Leistung nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG fällt, ist auf das Frühstück im Streitfall der Regelsteuersatz anzuwenden, unabhängig von der Antwort auf die in diesem Verfahren dem EuGH vorgelegte Frage. Eines Rückgriffs auf das Aufteilungsgebot bedarf es insoweit nicht.
Dagegen handelt es sich bei der Überlassung von Parkplätzen an Hotelgäste im Streitfall um eine Nebenleistung zur Beherbergungsleistung, da sie weder hinzugebucht noch abgewählt werden konnte. Sie ist im Streitfall mit der Hauptleistung (Beherbergung) untrennbar verbunden und hat im Streitfall für den Hotelgast keinen eigenen Zweck. Hierfür spricht – anders als das Finanzamt und das FG meinen – insbesondere, dass die Klägerin in keiner Weise danach differenziert, wie der Gast angereist ist.
Die im Ausgangsverfahren zu beurteilende Bereitstellung von Parkplätzen gehört nach der Rechtsprechung des BFH zu den Leistungen, die unter das Aufteilungsgebot fallen und deshalb von der Steuersatzermäßigung ausgenommen sind. Das Aufteilungsgebot für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, hat der vorlegende Senat bisher als unionsrechtskonform angesehen. Daran hält er fest.
Der vorlegende Senat ist allerdings der Auffassung, dass aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des EuGH kein „acte clair“ mehr vorliegt. Es ist nicht im Sinne eines „acte clair“ zweifelsfrei, dass diese Deutung der Rechtsprechung des EuGH durch den Senat zutreffend ist.
Der EuGH hat entschieden, dass eine einheitliche Leistung, die aus 2 separaten Bestandteilen, einem Haupt- und einem Nebenbestandteil, besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gälten, nur zu dem für diese einheitliche Leistung geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist, der sich nach dem Hauptbestandteil richtet, und zwar auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils, der in den vom Verbraucher für die Inanspruchnahme dieser Leistung gezahlten Gesamtpreis einfließt, bestimmt werden kann.
Diese Formulierung könnte auch dahin verstanden werden, dass bei einheitlichen Leistungen Steuersatzunterschiede jeglicher Art unionsrechtlich verboten sind. Bei dieser Sichtweise könnte § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unionsrechtswidrig sein. Der Grundsatz, dass die unselbstständige Nebenleistung stets das Schicksal der Hauptleistung zu teilen hat, könnte das Aufteilungsgebot verdrängen.