Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft
— Februar 2023 —
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.
Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!
Arbeitsrecht
Falsche Krankschreibung rechtfertigt die fristlose Kündigung
Wer sich krank meldet und trotzdem feiert, muss mit der fristlosen Kündigung rechnen. Diese ist auch gerechtfertigt, urteilte das Arbeitsgericht Siegburg.
Hintergrund
Die Arbeitnehmerin war seit 2017 als Pflegeassistentin bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. An einem Wochenende im Juli 2022 war sie für Samstag und Sonntag zum Spätdienst eingeteilt. Für beide Dienste meldete sie sich krank. In dieser Nacht fand in einer Diskothek eine Party statt. Dort feierte auch die Pflegeassistentin, was der Arbeitgeber über Fotos von ihr in ihrem Whatsapp-Status sowie auf der Homepage des Partyveranstalters mitbekam. Daraufhin kündigte er ihr fristlos. Das wollte die Arbeitnehmerin nicht akzeptieren und erhob Kündigungsschutzklage.
Entscheidung
Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Das Gericht hielt die fristlose Kündigung der Arbeitnehmerin für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund liege darin, dass die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber über ihre Erkrankung getäuscht und damit das Vertrauen in ihre Redlichkeit zerstört habe. Aufgrund der Fotos war das Gericht überzeugt, dass die Pflegeassistentin am Tage ihrer angeblich bestehenden Arbeitsunfähigkeit bester Laune und bei bester Gesundheit an der Party teilgenommen hat, obwohl sie sich beim Arbeitgeber arbeitsunfähig krankmeldete.
Der Beweiswert der AU-Bescheinigung war damit aus Sicht des Arbeitsgerichts erschüttert. Das Gericht konnte die Arbeitnehmerin mit ihrer Erklärung, dass sie an einer 2-tägigen psychischen Erkrankung gelitten habe, die vom Arzt nachträglich festgestellt worden sei, nicht überzeugen.
Vielmehr gingen die Richter davon aus, dass die Arbeitnehmerin zur Unwahrheit neige. Zu diesem Ergebnis kam das Gericht insbesondere, da die Pflegeassistentin ihrem Arbeitgeber nach dem Wochenende erzählt hatte, sie habe sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig gefühlt. Vor Gericht behauptete sie dann, sie habe eine 2-tägige psychische Erkrankung gehabt. Dass eine solche genau nach einem Wochenende ohne weitere therapeutische Maßnahmen ausgeheilt sei, hielten die Richter für schlicht unglaubhaft.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
Kassen-Nachschau und Übergang zur Außenprüfung
Für den Übergang von einer Kassen-Nachschau auf eine Außenprüfung sind bestimmte Voraussetzungen zu beachten.
Hintergrund
Die Klägerin, eine GmbH, betrieb einen Restaurationsbetrieb mit Bar und einem Lieferservice. Im September 2021 wurde bei ihr eine Kassen-Nachschau durchgeführt. Die Prüfer stellten Unregelmäßigkeiten fest. Sie baten um weitere Aufzeichnungen, die ihnen nicht zur Verfügung gestellt wurden. Ein sog. Kassensturz konnte nicht durchgeführt werden. Im Oktober 2021 wurde der Klägerin der Übergang zu einer Außenprüfung mitgeteilt.
Die Klägerin legte Einspruch ein und begründete dies unter Darlegung der aus ihrer Sicht strittigen Punkte aus der Kassen-Nachschau. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück. Insbesondere führte es aus, dass aufgrund der im Rahmen der Kassen-Nachschau festgestellten Mängel ein Übergang zu einer Außenprüfung möglich gewesen sei. Die im Rahmen der Kassen-Nachschau zu Tage getretenen Fragen seien mitnichten alle geklärt. Die Klägerin wandte sich an das zuständige Finanzgericht.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Die Anordnung des Übergangs zur Außenprüfung sei rechtmäßig, urteilte das Finanzgericht. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Kassen-Nachschau hätten unzweifelhaft vorgelegen. Die Klägerin habe eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und eine Kasse geführt. Der Übergang von einer Kassen-Nachschau zu einer Außenprüfung sei dabei regelmäßig dann geboten, wenn die sofortige Sachverhaltsaufklärung zweckmäßig sei und auch die gesetzlichen Folgen einer Außenprüfung eintreten sollen.
Ein solcher Anlass liegt insbesondere dann vor, wenn die Kassen-Nachschau zu Beanstandungen der Kassenaufzeichnungen und Buchungen geführt hat. Auch die Nichtvorlage von Unterlagen und die sonstige fehlende Kooperationsbereitschaft von Steuerpflichtigen können den Übergang rechtfertigen. Hier seien den Prüfern Unterlagen verweigert worden, dies allein schon wäre ein Grund gewesen, den Übergang zu einer Außenprüfung zu rechtfertigen. Der Übergang zu einer Außenprüfung sei eine Ermessensentscheidung, die zu begründen sei. Das Ermessen sei, soweit vom Gericht überprüfbar, zutreffend ausgeübt worden.
Zur steuerlichen Behandlung eines inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbeschlusses
Ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, ist als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung zugrunde zu legen.
Hintergrund
X war 2012 bis 2015 Geschäftsführer und zu 50 % Gesellschafter der K-GmbH. Weiterer Gesellschafter der K-GmbH zu 50 % war die T-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls X war.
Der Gesellschaftsvertrag der K-GmbH enthielt keine Regelung zur Gewinnverteilung. Insbesondere enthielt er keine Öffnungsklausel i. S. d. § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, die eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Verteilung durch gesonderte Beschlussfassung im Einzelfall zuließ.
In den Streitjahren fasste die Gesellschafterversammlung der K-GmbH jeweils einstimmig Vorabgewinnausschüttungsbeschlüsse, mit denen die Vorabausschüttungen nur an die T-GmbH (nicht auch zu 50 % an X als Mitgesellschafter) verteilt und ausgezahlt wurden.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Ausschüttungsbeschlüsse seien wegen der inkongruenten Verteilung der Vorabgewinne zivilrechtlich nichtig. X habe – veranlasst durch sein Gesellschaftsverhältnis zur K-GmbH – den ihm zustehenden Anteil an der Ausschüttung der T-GmbH zugewandt und dadurch (der Abgeltungsteuer unterliegende) Einkünfte aus verdeckter Gewinnausschüttung erzielt.
Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung statt, punktuell gegen die gesetzliche Gewinnverteilung verstoßende Beschlüsse über Vorabgewinnausschüttungen seien gleichwohl zivilrechtlich wirksam und steuerlich für die Zurechnung der Kapitaleinkünfte zu beachten.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof teilt die Auffassung des Finanzgerichts. Die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen. Die inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbeschlüsse, in denen an X keine Ausschüttungsbeträge verteilt wurden, sind zivilrechtlich wirksam. X hat den Einkünfteerzielungstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (Gewinnanteile) nicht verwirklicht.
Enthält der Gesellschaftsvertrag – wie hier – keine gesonderte Regelung zur Gewinnverteilung und keine Öffnungsklausel i. S. d. § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, sind die Gewinne nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu verteilen. Hiervon abweichende, satzungsdurchbrechende Gesellschafterbeschlüsse mit Dauerwirkung sind nichtig, wenn nicht alle materiellen und formellen Bestimmungen einer Satzungsänderung (notarielle Beurkundung, Eintragung im Handelsregister) eingehalten werden.
Von (nichtigen) Beschlüssen mit Dauerwirkung sind satzungsdurchbrechende punktuelle Beschlüsse, deren Wirkung sich in einem Einzelakt erschöpft, zu unterscheiden. Durch sie soll die Satzung nicht mit Wirkung für die Zukunft geändert werden. Solche Beschlüsse sind nicht nichtig, sondern (nur) bei der GmbH anfechtbar. Unabhängig davon, welche formellen Anforderungen an solche Beschlüsse zu stellen sind, ergibt sich die Wirksamkeit im Streitfall daraus, dass sämtliche Gesellschafter der inkongruenten Gewinnverteilung zugestimmt haben. In diesem Fall kann der Beschluss von keinem der Gesellschafter angefochten werden. Denn die Zustimmung aller Gesellschafter führt für jeden Gesellschafter zum Verlust der Anfechtungsberechtigung. Die einstimmigen und nicht anfechtbaren Beschlüsse über die inkongruenten Vorabgewinnausschüttungen der Streitjahre sind damit jeweils zivilrechtlich wirksam und bindend.
Da die Vorabgewinnausschüttungen im Streitjahr auf zivilrechtlich wirksamen Gesellschafterbeschlüssen beruhen, handelt es sich jeweils um eine offene Ausschüttung von Gewinnanteilen. Damit hat X keinen Gewinnanteil zu versteuern. Denn er verwirklicht nicht den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, da zivilrechtlich wirksam beschlossen wurde, an ihn keinen Gewinn auszuschütten. Offen ausgeschüttete Gewinne sind stets (nur) bei demjenigen Anteilseigner der Besteuerung zu unterwerfen, dem sie in dieser Eigenschaft als Anteilseigner zufließen.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Die inkongruenten Vorabausschüttungen an die von X beherrschte T-GmbH wurden zivilrechtlich wirksam beschlossen. Es handelt sich um offene Ausschüttungen, die auf dem Gesellschaftsverhältnis der T-GmbH zur K-GmbH und nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis des X zur K-GmbH beruhen. Dies schließt die Beurteilung der Ausschüttungen als verdeckte Gewinnausschüttung der K-GmbH an den X aus.
Inkongruente Gewinnverteilungen sind steuerrechtlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn sie auf einem zivilrechtlich wirksam zustande gekommenen Ausschüttungsbeschluss beruhen. Nahezu jede Gewinnausschüttung, die verdeckt erfolgt, stellt zugleich eine inkongruente Ausschüttung an den empfangenden Gesellschafter dar und wird der Besteuerung zugrunde gelegt. Es gibt keinen Grund, offene inkongruente Gewinnausschüttungen, die mit dem Gesellschaftsrecht im Einklang stehen, hiervon steuerlich abweichend zu behandeln. Ferner ist zu berücksichtigen, dass für X kein steuerlicher Vorteil entstand, da er bei einer späteren Ausschüttung der T-GmbH an ihn die Versteuerung der Kapitaleinkünfte „nachzuholen“ hat.
Private Immobilienbesitzer
Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag: Wann liegt Gestaltungsmissbrauch vor?
Eine Kaufpreisaufteilung und die Berücksichtigung der vereinbarten Anschaffungskosten bei der Besteuerung: Hierbei kann schon mal der Verdacht entstehen, dass die Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs erfüllen. Wie in diesem vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall.
Hintergrund
Im Streitfall ging es bei dem Erwerb einer der Einkünfteerzielung dienenden, bebauten Immobilie um die Ermittlung des nicht abschreibbaren Werts des Grund und Bodens. Im notariellen Kaufvertrag wurde ein Bodenwert von 400.000 EUR angesetzt. Nach den Feststellungen eines vom Finanzamt beauftragten Gutachters betrug der Bodenwert zum Zeitpunkt des Übergangs jedoch 1.041.000 EUR und damit bestand eine Abweichung des Werts nach Parteivereinbarung zum gutachterlich festgestellten Wert von mehr als 60 %. Das Finanzamt ermittelte daher die AfA-Bemessungsgrundlage unter Ansatz des vom Gutachter ermittelten Bodenwerts.
Entscheidung
Bei einer im Kaufvertrag vorgenommenen Kaufpreisaufteilung sind die vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen. Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis sei nur zum Schein bestimmt worden oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs i. S. v. § 42 AO seien gegeben.
Um zu vermeiden, dass die Vertragsparteien die Höhe der AfA und damit der Steuer bestimmen können, muss zudem geprüft werden, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Dazu muss die vertragliche Vereinbarung durch weitere Umstände, insbesondere die objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte, verifiziert werden. Bei dieser Prüfung rechtfertigt eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten es nicht ohne Weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich aber um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt.
Ein solches Indiz kann durch andere Indizien entkräftet werden. Solche Indizien können bei einem Gebäude besondere Ausstattungsmerkmale, dessen ursprüngliche Baukosten und etwaige Renovierungen, eine ggf. eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder der Wohnwert des Gebäudes im Kontext der Nachbarschaft (der z. B. durch Straßenlärm, soziale Einrichtungen oder besondere Ruhe wegen einer benachbarten Grünanlage geprägt sein kann) darstellen. Bei einem Grundstück können etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störender Baumbestand besondere Umstände darstellen. Eine Korrektur der vereinbarten Aufteilung ist erst geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.
Im Streitfall entschied das Finanzgericht, dass die von den Vertragsparteien getroffene Aufteilung nicht der Besteuerung zugrunde zu legen war. Denn der sich nach der vertraglichen Vereinbarung ergebende Bodenwert wich erheblich von den Bodenrichtwerten und dem vom Gutachter ermittelten Bodenwert ab. Dabei sind für die Frage einer erheblichen Abweichung die Wertverhältnisse am Tag des Gefahrübergangs maßgeblich. Können die vereinbarten Kaufpreise nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht entsprechend seiner Gesamtwürdigung der Verhältnisse durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu ersetzen.
Wohnraum: Warum die Miete nicht zu hoch sein sollte
Eine Netto-Kaltmiete von 550 EUR für eine teilmöblierte Einzimmerwohnung von 33,1 m² in Frankfurt ist unangemessen hoch. Die Folge: eine Geldbuße wegen überhöhter Miete i. H. v. 3.000 EUR.
Hintergrund
Ein Wohnungseigentümer hatte eine Einzimmerwohnung mit Kochnische, fensterlosem Bad/WC, Flur und Balkon in Frankfurt am Main als teilmöblierte Wohnung für einen Mietzins von netto 550 EUR monatlich zzgl. 180 EUR Nebenkosten vermietet. Auf die Anzeige des Mieters erließ das Amt für Wohnungswesen Bußgeldbescheid wegen vorsätzlicher Vereinnahmung eines unangemessen hohen Mietentgelts unter Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum gegen den Vermieter i. H. v. 3.000 EUR. Außerdem verfügte das Amt die Erstattung des zu Unrecht vereinnahmten Übererlöses.
Gegen den Bußgeldbescheid legte der Vermieter Einspruch ein.
Entscheidung
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der ortsüblichen Vergleichsmieten in Frankfurt, über die ein qualifizierter Mietspiegel Auskunft gibt, würde die ortsübliche Gesamtmiete für die möblierte Einzimmerwohnung bei netto 379 EUR monatlich liegen. Diese ortsübliche Miete habe der Vermieter durch die von ihm angesetzte Miete von 550 EUR um deutlich mehr als 20 % überschritten.
Auch die weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 5 WirtschaftsstrafG ist nach Auffassung des Gerichts erfüllt. Durch Sachverständigengutachten sei bestätigt, dass spätestens seit Beginn der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts in Frankfurt von einem geringen Angebot an Wohnungen auszugehen sei. Grundlage für diese Feststellung sei die hohe Zahl der gemeldeten Wohnungssuchenden, der Umstand, dass die bei Neuvermietungen allgemein geforderte Marktmiete um etwa 15 % über der örtlichen Vergleichsmiete liege sowie die Zahl der von der Stadt vorübergehend wegen Wohnungslosigkeit untergebrachten Personen.
Auch in subjektiver Hinsicht hatte der Vermieter nach Bewertung des Gerichts die Voraussetzungen für die Verhängung einer Geldbuße erfüllt. Die prekäre Wohnsituation in Frankfurt habe er durch das Fordern eines unangemessen hohen Mietzinses bewusst ausgenutzt. Nach eigenen Angaben sei ihm der Frankfurter Mietspiegel bekannt gewesen. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass der Mieter zuvor 9 Monate lang nach einer Wohnung gesucht hatte und dieser dringend auf die Wohnung angewiesen war. Der Vermieter habe demnach vorwerfbar und mit vollem Vorsatz gehandelt.
Im Ergebnis wies das Gericht den Einspruch des Vermieters gegen den gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheid zurück und bestätigte die Verpflichtung zur Erstattung des zu Unrecht erzielten Übererlöses i. H. v. 1.180 EUR.
Steuerrecht Arbeitnehmer
Häusliches Arbeitszimmer in einer gemeinsam angemieteten Wohnung: Wer darf welche Kosten absetzen?
Die Kosten für ein alleingenutztes häusliches Arbeitszimmer in einer gemeinsam von Lebensgefährten angemieteten Wohnung sind ungekürzt als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Alleinnutzer des Raumes mindestens Kosten in dieser Höhe getragen hat.
Hintergrund
Im entschiedenen Fall bewohnte der Kläger zusammen mit seiner Lebensgefährtin ein gemeinsam angemietetes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 150 qm, in dem sich 2 15 qm große Arbeitszimmer befanden. Eines dieser Zimmer nutzte der Kläger für seine nichtselbstständige Tätigkeit als Vertriebsleiter (Alleinnutzung). Die Kosten für das Haus trugen sie jeweils zur Hälfte. In der Einkommensteuererklärung 2018 rechnete der Kläger die Kosten des von ihm genutzten Arbeitszimmers mit 2.661 EUR (= 10 % der gesamten Hauskosten) als Werbungskosten ab.
Das Finanzamt erkannte nur die hälftigen Kosten an und argumentierte, dass die andere Hälfte der Kosten schließlich durch die Lebensgefährtin getragen worden sei. Der Kläger war hingegen der Ansicht, dass er mit seinen Mietzahlungen die Alleinnutzung seines Arbeitszimmers finanziert habe und nicht beide Arbeitszimmer zur Hälfte. Er begehrte daher den Raumkostenabzug in voller Höhe.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger seine Raumkosten ungekürzt als Werbungskosten abziehen kann. Für die Klärung der Frage, in welchem Umfang die (Warm-)Miete als Werbungskosten abzugsfähig ist, zog das Finanzgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. Finanzierungsaufwendungen heran (BFH, Urteil v. 23.9.2009, IV R 21/08).
Danach hat die nach Miteigentumsanteilen zu erfolgende Verteilung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht zur Folge, dass die Kosten für ein Arbeitszimmer nur anteilig abzugsfähig sind. Nutzt ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil eines Wirtschaftsguts (Arbeitszimmer) zur Einkünfteerzielung allein, sind die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorrangig diesem Raum zuzuordnen. Es ist davon auszugehen, dass er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen.
Das Finanzgericht übertrug diese Rechtsgrundsätze auf Mietaufwendungen von nicht verheirateten Lebensgefährten und gelangte zu dem Ergebnis, dass Kosten eines Arbeitszimmers bei einer Wohnungsanmietung durch mehrere Personen und Alleinnutzung eines Arbeitszimmers ebenfalls in voller Höhe abziehbar sind, wenn der Nutzer des Raums entsprechende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat.
Im Urteilsfall hatte der Kläger nachgewiesen, dass er und seine Lebensgefährtin die Miete samt Nebenkosten zu gleichen Teilen getragen hatten (je 50 % der Hauskosten). Somit hatte er mit seinem Kostenteil die geltend gemachten Raumkosten von 2.661 EUR voll abgedeckt.
Steuerrecht Unternehmer
Zur Verwendung eines Pkw im Rahmen eines Ehegatten-Vorschaltmodells
Der Erwerb eines Pkw zur langfristigen Vermietung an den freiberuflich tätigen Ehegatten kann eine unternehmerische Tätigkeit begründen. Der Vorsteuerabzug des Vermieters ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich.
Hintergrund
A erwarb im Jahr 2016 einen Pkw zum Preis von 65.467 EUR zzgl. Umsatzsteuer von 12.438 EUR (77.906,75 EUR brutto). Sie überließ den Pkw aufgrund eines marktüblichen Leasingvertrags an B.
Das Finanzamt versagte A den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Pkw.
Da Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. A sei als Unternehmerin zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ein Scheingeschäft oder eine missbräuchliche Gestaltung liege nicht vor. Zudem stelle die Nutzung des Pkw durch die A keine Nutzung für private Zwecke dar. Da im Leasingvertrag eine Vollvermietung an den B geregelt sei und der Pkw damit während der Laufzeit des Leasingvertrags nicht mehr zur Disposition der A gestanden habe, handele es sich bei der privaten Pkw-Nutzung der A um eine Verwendung des Pkw durch den B.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat zwar zutreffend entschieden, dass die A aus dem Erwerb des Pkw zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Es hat aber zu Unrecht die private Nutzung des Pkw durch die A nicht berücksichtigt. Die Sache wurde deshalb an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Bei der Nutzungsüberlassung des Pkw an B im Rahmen eines Leasingvertrags handelt es sich um eine unternehmerische Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG sowie um eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. v. Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL. Durch die langfristige Nutzungsüberlassung erbrachte A dauerhaft und nachhaltig sonstige Leistungen. Aufgrund dieses Dauersachverhalts liegt ein planmäßiges Tätigwerden der A vor.
Unschädlich ist, dass die A nicht am allgemeinen Markt, sondern nur an ihren Ehegatten als (einzigen) Kunden Leasingleistungen erbrachte. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, nach der ein Gesellschafter einen Pkw an seine Gesellschaft als Unternehmer vermieten kann, ohne dass es darauf ankommt, ob er diese Leistung am Markt auch gegenüber Dritten erbringen würde. Allein das Fehlen eines Geschäftslokals oder Büros führt nicht zur Verneinung der wirtschaftlichen Tätigkeit.
Der Leasingvertrag wurde mit seinen Hauptpflichten (Nutzungsüberlassung, Zahlung der Leasingraten) und damit im Wesentlichen so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt. Dass A – abweichend von der vertraglichen Vereinbarung – einige Rechnungen selbst beglichen hat, reicht nicht aus, um das Leasinggeschäft als Scheingeschäft zu qualifizieren. Da die Pkw-Überlassung mit dem Leasingvertrag auf einer besonderen Vereinbarung beruhte, liegt auch keine Nutzungsüberlassung auf familienrechtlicher Grundlage vor.
Der vollständige Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Pkw ist nicht systemwidrig. Der Systematik des Vorsteuerabzugs entspricht es, dass der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn er steuerpflichtige Ausgangsumsätze tätigt oder zu tätigen beabsichtigt. Da zum Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit regelmäßig erhebliche Anschaffungen (Investitionen) erforderlich sind, während noch keine oder nur geringe Ausgangsumsätze erzielt werden, liegt ein Vorsteuerüberhang in der Anfangsphase in der Natur der Sache. Dies gilt insbesondere in Vermietungsfällen.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts ist die private Nutzung des Pkw durch A nicht als Nutzung des B anzusehen. Zwar war im Leasingvertrag eine Vollvermietung an B vorgesehen und A hatte sich keine Eigennutzung des Pkw vertraglich vorbehalten. Eine derartige Untersagung der Eigennutzung durch den Leasinggeber ist jedoch steuerlich unbeachtlich, wenn sie nicht tatsächlich vollzogen wird und der wirtschaftlichen Realität nicht entspricht. Daher unterliegt der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt der Besteuerung.
Das Finanzgericht hat Feststellungen zum Umfang der privaten Nutzung durch A, die zu einer unentgeltlichen Wertabgabe führt, nachzuholen. Dieser Umfang ist ggf. im Wege der sachgerechten Schätzung zu ermitteln.