Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft
— Januar 2023 —
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.
Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!
Private Immobilienbesitzer
Wann ein zeitlich befristeter Nießbrauch zugunsten der Kinder
Gestaltungsmissbrauch darstellt
Bestellen die Eltern für ihre minderjährigen unterhaltsberechtigten Kindern einen zeitlich befristeten Nießbrauch an einem Grundstück, das langfristig bis zur Beendigung des Nießbrauchs an eine von den Eltern beherrschte GmbH vermietet ist, ist diese Nießbrauchsbestellung wegen Gestaltungsmissbrauch steuerrechtlich nicht anzuerkennen.
Hintergrund
Streitig war die steuerliche Anerkennung der Bestellung eines zeitlich befristeten Nießbrauchs an einem vermieteten Grundstück durch Eltern zugunsten ihrer bei Bestellung noch minderjährigen Söhne. Das Grundstück ist langfristig bis zur Beendigung des Nießbrauchs an eine von den Eltern beherrschte GmbH vermietet. Das Finanzamt verneinte die Einkünfteerzielung durch die Nießbraucher, da sie im Verhältnis zum Mieter nicht die Stellung eines Vermieters und damit Einkünfteerzielers hätten und rechnete die Vermietungseinkünfte weiterhin den Eltern als Eigentümer zu.
Entscheidung
Das Finanzgericht folgte der vom Finanzamt vertretenen Rechtsauffassung und entschied, dass es bei der Nießbrauchseinräumung in erster Linie um die Ausnutzung der Freibeträge der Söhne oder zumindest des Progressionsgefälles zwischen Eltern und Söhnen ging. Würden die Mieteinnahmen bei den Eltern anfallen, wäre die Steuerbelastung höher als sie bei den Söhnen ist. Dies ist nach Auffassung des FG gestaltungsmissbräuchlich i. S. v. § 42 AO.
Auch der Umstand, dass die Eltern das Grundstück im Rechtssinne nicht für sich selbst benötigen, sondern für eine GmbH, die sie bei wirtschaftlicher Betrachtung aber kontrollieren, machte für das FG bei der Prüfung, ob Missbrauch i. S. v. § 42 AO vorliegt, keinen Unterschied. Entscheidend sei, dass die Eltern das Grundstück für die betrieblichen Zwecke ihrer GmbH brauchen und derjenige, der ein Grundstück selbst benötigt, es bei wirtschaftlich sinnvoller Verfahrensweise nicht unentgeltlich (zunächst) einem anderen überlässt.
Steuerrecht Privatvermögen
Handelt es sich bei Wohnungsüberlassung bei Trennung der Eheleute um begünstigten Unterhalt?
Bei der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung einer Wohnung an den geschiedenen oder dauerhaft getrennt lebenden Ehegatten handelt es sich um Naturalunterhalt, der in Höhe der ortsüblichen Miete als Sonderausgaben berücksichtigt werden kann.
Hintergrund
A und seine (nunmehr von ihm geschiedene) Ehefrau (B) waren im Jahr 2015 noch miteinander verheiratet, lebten aber dauernd getrennt. B und die beiden gemeinsamen Kinder bewohnten weiterhin bis zum Jahresende die bisherige Familienwohnung, die den Eheleuten hälftig gehörte.
Aufgrund einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung der Eheleute aus 2015 berücksichtigte das Finanzamt bei A für 2015 dessen Unterhaltsleistungen an B (Geld- und Sachlistungen) als Sonderausgaben. Der Einkommensteuer-Bescheid wurde bestandskräftig.
Im Jahr 2018 beantragte A die Änderung des Einkommensteuer-Bescheids unter Abzug höherer Unterhaltsleistungen. Für die Überlassung der (hälftigen) Wohnung sei nicht der in der Trennungsvereinbarung festgelegte Betrag (monatlich 400 EUR), sondern der tatsächliche Mietwert (818 EUR) anzusetzen. Dem Antrag beigefügt war eine familiengerichtliche Vereinbarung der Eheleute, in der B dem Realsplitting zugestimmt hatte.
Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht lehnten den Antrag mit der Begründung ab, die Eheleute hätten in der Trennungsvereinbarung eine mietsvertragsähnliche Regelung über die Nutzungsüberlassung für 400 EUR monatlich getroffen. Dieser Betrag sei auch steuerrechtlich maßgeblich.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Die Nutzungsüberlassung des Miteigentumsanteils des A an die B beruht nicht auf einer mietvertragsähnlichen Vereinbarung, sondern auf einer unentgeltliche Naturalunterhaltsleistung, die mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsorts anzusetzen ist.
Der Begriff “Unterhaltsleistungen” in § 10 Abs. 1a Nr. 1 Satz 1 EStG entspricht dem in § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG enthaltenen Begriff “Aufwendungen für den Unterhalt”. Danach sind Unterhaltsleistungen die typischen Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung (z. B. Ernährung, Kleidung, Wohnung). Dabei kann der Unterhalt in Geld oder geldwerten Sachleistungen erbracht werden.
Der in der unentgeltlichen Wohnungsüberlassung liegende Naturalunterhalt ist für den Sonderausgabenabzug entsprechend § 15 Abs. 2 BewG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen. Dadurch wird der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Barunterhalt vermindert, sodass die Wohnungsüberlassung einer geldwerten Sachleistung (Ausgabe) gleichzusetzen ist. Die Wohnungsüberlassung unter gleichzeitiger Verminderung des Barunterhalts kürzt den Zahlungsweg der Unterhaltsleistungen ab.
Das Finanzgericht hat die Vereinbarung dahin gewürdigt, dass A seinen Miteigentumsanteil entgeltlich (“mietvertragsähnlich”) an B überlassen und deshalb keinen Naturalunterhalt geleistet habe. Dieser Auslegung widerspricht der Bundesfinanzhof. Sie verstößt gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln und bindet daher den Bundesfinanzhof nicht. Die Vereinbarung enthält weder wörtlich noch sinngemäß Anhaltspunkte für eine mietrechtliche Nutzungsüberlassung. Denn sie spricht von einem “Wohnvorteil” und nicht von einer “Wohnraumvermietung” und verwendet nicht die Begriffe “Miete” oder “Entgelt”. Zudem wäre bei einer mietvertragsähnlichen Vereinbarung der nachfolgende familienrechtliche Rechtsstreit über die Höhe des geleisteten Trennungsunterhalts nicht verständlich.
Das Finanzgericht hat die Ermittlung der ortsüblichen Miete für den überlassenen Miteigentumsanteil nachzuholen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für den Vorteil aus der Überlassung einer Wohnung in der Trennungsphase von Ehegatten der Mietwert maßgeblich ist, den der Unterhaltsberechtigte auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende angemessene kleinere Wohnung zahlen müsste. Würde der Wohnvorteil in Höhe des objektiven Mietwerts auf den Unterhaltsanspruch angerechnet, benachteiligte dies den Berechtigten. Eine Verwertung des Familienheims ist in der Trennungsphase nicht notwendig, da während dieser Phase eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch nicht ausgeschlossen ist. Neben der Ermittlung der ortsüblichen Miete ist auch zu berücksichtigen, ob und – bejahendenfalls – in welcher Höhe ein auf die beiden gemeinsamen Kinder entfallender Wohnvorteil bei der Beurteilung der abziehbaren Unterhaltsleistungen außer Betracht bleibt.
Steuerrecht Unternehmer
Sind die Säumniszuschläge verfassungsgemäß?
Bei summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge.
Hintergrund
Die A-GmbH entrichtete die Lohnsteuer und die Umsatzsteuer für Juli 2021 (fällig zum 10.8.2021) erst am 20.8.2021. Die für den angefangenen Monat berechneten Säumniszuschläge von 1 % (28 EUR zur Lohnsteuer und 14 EUR zur Umsatzsteuer) beglich sie nicht.
Gegen den entsprechenden Abrechnungsbescheid legte A Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Das Finanzamt stellte das Einspruchsverfahren ruhend und lehnte die AdV ab.
Hierauf beantragte A die AdV beim Finanzgericht. Dieses gab dem Antrag statt und setzte die Vollziehung des Abrechnungsbescheids bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung aus.
Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge wegen des darin enthaltenen Zinsanteils ernstlich zweifelhaft erscheine.
Gegen die AdV des Abrechnungsbescheids durch das Finanzgericht wandte sich das Finanzamt mit der Beschwerde zum Bundesfinanzhof.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof gab der Beschwerde statt. Er hob den AdV-Beschluss des Finanzgerichts auf und lehnte die AdV ab. Zum einen hat der entscheidende VI. Senat – im Gegensatz zum V. und VII. Senat – keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und der Unionsrechtskonformität der verwirkten Säumniszuschläge. Zum anderen fehlt es auch an dem im Streitfall erforderlichen (besonderen) Aussetzungsinteresse.
Nach der Auffassung des BVerfG verstößt § 233a i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO gegen Art. 3 Abs. 1 GG und ist daher verfassungswidrig, soweit er auf Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 Anwendung findet. Aufgrund einer Fortgeltungsanordnung für die Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 ist der Zinssatz von 6 % p. a. allerdings erst für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 nicht mehr anwendbar.
- 233a AO und § 240 AO regeln unterschiedliche Sachverhalte. Die nach § 233a AO geregelte Vollverzinsung soll typisierend Zins- und Liquiditätsvorteile erfassen, die dadurch entstehen, dass zwischen Entstehung des Steueranspruchs und seiner Fälligkeit ein Zeitraum von mehreren Jahren liegen kann. Die Nachzahlungszinsen sind dementsprechend weder Sanktion noch Druckmittel, sondern ein Ausgleich für die Kapitalnutzung. Säumniszuschläge sind demgegenüber ein Druckmittel, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll. Außerdem wird eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung und ein Ausgleich für den Verwaltungsaufwand bezweckt. Aufgrund dieser Unterschiede kann die Entscheidung des BVerfG zur Vollverzinsung auf § 240 AO auch nicht allein wegen eines gedachten Zinsanteils der Säumniszuschläge übertragen werden.
Die Typisierung der Zuschläge der Höhe nach obliegt der “Einschätzungsprärogative” des Gesetzgebers. Die Höhe wäre erst dann nicht mehr zu rechtfertigen, wenn sie unter veränderten Umständen mit dem Gesetzeszweck unvereinbar wäre. Davon ist aber – auch unter Berücksichtigung des seit 2014 währenden strukturellen Niedrigzinsniveaus – nicht auszugehen. Zum einen lässt sich § 240 AO nicht entnehmen, in welchem Verhältnis die vom Gesetz verfolgten Zwecke (Druckmittel, zinsähnliche Funktion, Verwaltungsaufwand) zueinanderstehen. Wegen dieser multifunktionalen Zielsetzung lässt sich der Zinsanteil nicht belastbar beziffern. Zum anderen könnte selbst ein gedachter Zinsanteil von 0,5 % pro angefangenem Monat nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des § 240 Abs. 1 Satz 1 AO führen. Denn ein Säumniszuschlag von 1 % für jeden angefangenen Monat wäre jedenfalls bei verspäteter Zahlung von Lohnsteuer und Umsatzsteuer verhältnismäßig, da die Lohnsteuer vom Arbeitgeber gewissermaßen treuhänderisch für den Arbeitnehmer eingezogen wird und die Umsatzsteuer im Kaufpreis enthalten ist.
Bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes erfordert die AdV grundsätzlich ein besonderes berechtigtes Interesse an der AdV. Der Bundesfinanzhof hält an dieser Voraussetzung jedenfalls in einem Bagatellfall (weiterhin) fest, wenn ausschließlich verfassungsrechtliche Einwendungen gegen ein Gesetz erhoben werden. Das gebietet der Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes. Im Streitfall kann nicht angenommen werden, dass die Säumniszuschläge von insgesamt 42 EUR bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens für A zu einem irreparablen Nachteil führen könnten.
Wie erfolgt die Besteuerung bei einer Betriebsaufgabe?
Ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen einer Betriebsaufgabe betriebliche Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge veräußert, kann – wie bei der Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge – zwischen der Sofortbesteuerung und der Zuflussbesteuerung des entsprechenden Gewinns wählen.
Hintergrund
Die A stellte ihren Betrieb (Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich) Ende 2013 ein. Einen Großteil der Wirtschaftsgüter veräußerte sie an eine GmbH gegen die Zahlung einer lebenslangen monatlichen Rente ab Januar 2014. Von der Veräußerung ausgenommen war der bis dahin zum Betriebsvermögen gehörende Grundstücksteil mit aufstehenden Gebäuden und fest installierten Betriebsvorrichtungen sowie weitere nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörende Wirtschaftsgüter (Pkw usw.). Als Übertragungsstichtag wurde der 2.1.2014 vereinbart. An diesem Tag übergab die A die entsprechenden Wirtschaftsgüter an die GmbH und überführte die übrigen Wirtschaftsgüter in ihr Privatvermögen.
Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuer-Bescheid 2014 den Aufgabegewinn in voller Höhe und unterwarf ihn der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG. A wandte ein, es bestehe ein Wahlrecht auf Anwendung der Zuflussbesteuerung.
Das Finanzgericht wies die entsprechende Klage der A ab. Da sie das Betriebsgrundstück als wesentliche Betriebsgrundlage in ihr Privatvermögen überführt habe, liege eine Betriebsaufgabe vor. Anders als im Fall der Veräußerung des Betriebs verblieben in einem solchen Fall dem Steuerpflichtigen ausreichende Mittel zur Zahlung der Einkommensteuer, die aufgrund der Sofortbesteuerung des Aufgabegewinns anfalle.
Entscheidung
Die Revision der A war erfolgreich. Die A konnte das Wahlrecht ausüben, den Betriebsaufgabegewinn, soweit er auf den Barwert der Leibrente entfällt, erst bei einem das Kapitalkonto und die Aufgabekosten übersteigenden Zufluss der Rentenzahlungen zu realisieren und die Rentenzahlungen insoweit als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern.
Für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe ist nicht deren Beginn, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant. Denn der Aufgabegewinn kann in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen. Demnach liegt die Betriebsaufgabe hier im Jahr 2014. Denn A hat die zu ihrem Geschäftsbetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter erst zum 2.1.2014 an die GmbH veräußert und auch erst in diesem Zeitpunkt die übrigen Wirtschaftsgüter (insbesondere das Betriebsgrundstück als wesentliche Betriebsgrundlage) in ihr Privatvermögen überführt.
Veräußert ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb gegen wiederkehrende Bezüge (insbesondere gegen eine Leibrente), gewähren Rechtsprechung und Finanzverwaltung das Wahlrecht zwischen Versteuerung eines begünstigten Veräußerungsgewinns im Veräußerungszeitpunkt oder Versteuerung nicht begünstigter nachträglicher gewerblicher Einkünfte bei Zufluss. Die Sofortbesteuerung ist zwar der gesetzliche Normalfall. Die Zuflussbesteuerung stellt aber “eine auf Billigkeitserwägungen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beruhende Ausnahmeregelung” dar. Im Vordergrund dieser Rechtsprechung steht die Ungewissheit der Rentenlaufzeit und damit das Risiko, dass im Fall eines frühen Todes des Veräußerers bei der Sofortbesteuerung mehr versteuert werden muss als dem Steuerpflichtigen tatsächlich zugeflossen ist. Die Zuflussbesteuerung bewirkt die zeitliche Streckung der anfallenden Steuerzahlungen, die sich der Steuerpflichtige durch den Verlust der Begünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) und des § 34 EStG (ermäßigter Steuersatz) quasi “erkauft”.
Nach der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Betriebsaufgabe ist der Veräußerer ebenso wie bei einer Betriebsveräußerung nicht mehr Inhaber des Betriebs. Wie bei einer Betriebsveräußerung liegt es in seinem Interesse, für die Veräußerung im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht mehr Steuer zahlen zu müssen, als er bei tatsächlich zugeflossenen Rentenzahlungen müsste. Dieses Risiko ist auch bei einer Betriebsaufgabe vorhanden. Stirbt der (frühere) Betriebsinhaber vor Erreichen seiner statistischen Lebenserwartung, hätte er einen Gewinn zu versteuern, der nachträglich nicht korrigiert werden kann, da kein rückwirkendes Ereignis gegeben ist, sondern sich ein vertragsimmanentes Wagnis konkretisiert.
Aufgrund des Wagnischarakters und im Hinblick auf den Versorgungscharakter derartiger Bezüge erscheint eine Gleichbehandlung von Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe gegen wiederkehrende Bezüge zwingend. Dies gilt umso mehr, als im Fall der Betriebsveräußerung das Wahlrecht, die wiederkehrenden Bezüge erst bei Zufluss zu versteuern, schon dann eröffnet ist, wenn nur ein Teil des Kaufpreises in wiederkehrenden Bezügen und der andere Teil als Einmalzahlung erbracht wird.