Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft
«ZMSD/Mdt/Briefanrede»
auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.
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GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
Grundstücksunternehmen: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Teilverkauf?
Auch wenn ein gewerblicher Grundstückshandel auf einem städtebaulichen Zwang beruht, steht dieser einer erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags entgegen.
Hintergrund
Eine GmbH machte in der Gewerbesteuererklärung die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geltend. Nach einer Betriebsprüfung hat das Finanzamt die erweiterte Kürzung versagt, da nicht ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet oder genutzt werde. Hintergrund war, dass die GmbH seit Jahren den Verkauf einer Teilfläche des Grundstücks vorbereitet und mit der Baureifmachung einen schädlichen Grundstückshandel betrieben habe. Die GmbH argumentierte hingegen, dass die Teilfläche nur wegen des städtebaulichen Veräußerungszwangs veräußert worden sei. Dies sei ein zwingend notwendiges Nebengeschäft für die Aufnahme der Tätigkeit als Grundstücksverwalter gewesen. Zudem sei der Veräußerungsgewinn im Verhältnis zu den Mieteinnahmen zu vernachlässigen. Gleichwohl blieb der Einspruch erfolglos.
Entscheidung
Auch das FG verneint die Voraussetzungen für die sog. erweiterte Grundstückskürzung. Es kam zu der Überzeugung, dass die GmbH nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet oder genutzt hat. Vielmehr stellt die Veräußerung einer Teilfläche eines von einer Immobilien-Projektgesellschaft zwecks Bebauung und Vermietung erworbenen Grundstücks einen schädlichen gewerblichen Grundstückshandel dar. Daran ändert auch die Verpflichtung aufgrund eines städtebaulichen Vertrags nichts. Maßgebend war, dass die Teilfläche bereits in unbedingter Veräußerungsabsicht erworben wurde und durch die nachfolgenden, den Grundstückswert erheblich steigernden Abbruch- und Erschließungsarbeiten ein Objekt anderer Marktgängigkeit geschaffen worden ist.
Auch kann die Veräußerung der Teilfläche nicht als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden. Angesichts des Umfangs der vorbereitenden Aktivitäten und der Höhe des erzielten Veräußerungspreises sind die quantitativen Kriterien einer „Geringfügigkeit“ bzw. einer völlig „untergeordneten Bedeutung“ für eine kürzungsunschädliche Nebentätigkeit nicht erfüllt. Und angesichts dieser Vorarbeiten war nach der ständigen Rechtsprechung im Urteilsfall – trotz nur einer einzigen Veräußerung der Grundstücksteilfläche – auch eine Nachhaltigkeit zu bejahen.
Erweiterte Gewerbeertragskürzung bei einer Immobiliengesellschaft
Aus einer sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Das Durchgriffsverbot gilt bei der Besteuerung einer Besitzkapitalgesellschaft auch im Fall der mittelbaren Beteiligung der Betriebspersonengesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft über eine Kapitalgesellschaft.
Hintergrund
Die Klägerin ist eine Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH. An ihrem Stammkapital waren im Streitjahr 2015 bis zum 4.11.2015 zu 47,62 % F und zu 52,38 % die Beteiligungsgesellschaft mbH mit Sitz in X (EB GmbH) beteiligt. Alleinige Gesellschafterin der EB GmbH ist die F GmbH & Co. KG mit Sitz in X (F KG), deren Kommanditkapital vollständig von der F Holding GmbH mit Sitz in X (FH GmbH) gehalten wird. Alleingesellschafter der FH GmbH war bis zum 4.11.2015 F. Komplementär der F KG war die F Beteiligungsgesellschaft mbH. Die F KG hält außerdem 100 % der Anteile an der A GmbH. Mit Wirkung zum 5.11.2015 übertrug F seine Anteile an der Klägerin sowie an der FH GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf A.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Erwerb, das Halten und das Verwalten sowie das Veräußern von Immobilien. Die Klägerin erbringt ihre Leistungen fast ausschließlich für verbundene Gesellschaften. In den Jahren 2013 und 2014 überließ sie der F KG mietweise Teilflächen (1.740 qm) des Grundstücks in X. Dieser Gebäudebereich wird von der Geschäftsführung und von zentralen Verwaltungseinheiten der F KG genutzt. Ab 2015 wurden die beschriebenen Flächen über ein Zwischenmietverhältnis mit der A GmbH an die F KG überlassen.
Die Klägerin wendete auf ihren Gewerbeertrag im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG an. Nach einer Außenprüfung für die Erhebungszeiträume 2013 bis 2015 vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, dass eine Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der F KG vorläge und daher die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung nicht gegeben seien. Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und setzte mit Bescheid vom 23.1.2019 den Gewerbesteuermessbetrag für 2015 – ohne Berücksichtigung der erweiterten Kürzung – auf 257.215 EUR fest. Dagegen wendete sich die Klägerin mit ihrer Sprungklage, der das Finanzamt zugestimmt hat.
Das FG gab der Klage statt. Es änderte den Bescheid vom 23.1.2019 dahingehend, dass der Gewerbesteuermessbetrag für 2015 unter Berücksichtigung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG festgesetzt wird.
Entscheidung
Der BFH hat entschieden, dass das FG hat zu Recht geurteilt hat, dass die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht wegen des Bestehens einer Betriebsaufspaltung ausgeschlossen ist.
- 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG will den nur kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielenden Unternehmen die erweiterte Kürzung gewähren, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, ihre Tätigkeit insoweit also nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgeht. Zweck ist damit die Gleichbehandlung dieser Unternehmen mit Steuerpflichtigen, die als Einzelunternehmer oder in der Rechtsform einer Personengesellschaft Grundstücksverwaltung betreiben.
Bei einer Betriebsaufspaltung ist der Zweck der sog. Besitzgesellschaft von vornherein nicht auf die Vermögensverwaltung, sondern auf die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr und die Partizipation an der durch die Betriebsgesellschaft verwirklichten Wertschöpfung gerichtet. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird deshalb als gewerbliche Tätigkeit beurteilt, die eine erweiterte Kürzung ausschließt.
Eine Betriebsaufspaltung setzt voraus, dass Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen sachlich und personell miteinander verflochten sind. Eine personelle Verflechtung erfordert einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen. Bei einem nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft organisierten Besitzunternehmen ist ein solcher anzunehmen, wenn die Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchsetzen kann. Ist eine Kapitalgesellschaft Besitzunternehmen, kommt es darauf an, ob diese selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Ein Rückgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Anteilseigner ist nicht zulässig.
Im Streitfall verwaltet die Klägerin Immobilien und übt damit keine originär gewerbliche Tätigkeit aus. Die Tätigkeit der Klägerin ist insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsaufspaltung als originär gewerblich anzusehen, da die erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben ist.
Eine Betriebsaufspaltung zwischen einer Kapitalgesellschaft als Besitzgesellschaft und einem anderen Unternehmen als Betriebsgesellschaft liegt nicht vor, wenn die Kapitalgesellschaft nicht zu mehr als 50 % unmittelbar oder mittelbar an dem anderen Unternehmen beteiligt ist. Der Besitzkapitalgesellschaft können weder die von ihren Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebsgesellschaft noch die mit diesem Anteilsbesitz verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden. Eine derartige Zurechnung wäre ein unzulässiger Durchgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Personen.
Das Durchgriffsverbot auf von dem oder den Gesellschafter(n) verwirklichte Tatbestände folgt aus dem Prinzip der Trennung (Verselbständigung) der Kapitalgesellschaft von der Person oder dem Kreis ihrer Gesellschafter, welches es nicht zulässt, im Rahmen der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft für die Frage, ob ein einheitlicher Geschäfts- und Betätigungswille hinsichtlich der Tätigkeit der Betriebsgesellschaft besteht, auf die Anteilsinhaberschaft beziehungsweise Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter der Besitzkapitalgesellschaft abzustellen. Dieses Prinzip unterscheidet die Kapitalgesellschaften von den Personengesellschaften, so dass eine Gleichbehandlung von Besitzkapitalgesellschaften und Besitzpersonengesellschaften nicht geboten ist.
Im Streitfall war die Klägerin (Besitz-GmbH) weder unmittelbar noch mittelbar zu mehr als 50 % an der F KG als Betriebsunternehmen beteiligt.
Eine originär gewerbliche Tätigkeit der Klägerin ergibt sich im Streitfall auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung.
Bei einer sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung wird nicht die Betriebsgesellschaft durch die Besitzkapitalgesellschaft, sondern die Besitzkapitalgesellschaft durch die Betriebsgesellschaft beherrscht. Die Rechtsprechung hat das Vorliegen einer umgekehrten Betriebsaufspaltung herangezogen, um im Zusammenhang mit Steuervergünstigungen und Investitionszulagen zu entscheiden, ob die Zugehörigkeits-, Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen in einer Betriebsstätte erfüllt sind. Die von der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung bislang zugelassene Übertragung von durch das Betriebsunternehmen verwirklichten Merkmalen auf das Besitzunternehmen diente dabei dazu, einen Ausschluss der Steuervergünstigung oder Investitionszulage in den Fällen zu vermeiden, in denen die Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebes auf 2 Rechtsträger und damit 2 Betriebe aufgeteilt sind. Nicht dagegen wurde die umgekehrte Betriebsaufspaltung herangezogen, um zu begründen, dass eine ausschließlich vermögensverwaltend tätige Besitzkapitalgesellschaft originär gewerblich tätig ist.
Aus einer sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Es schließt aus, bei der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft (hier der Klägerin) auf die Verhältnisse ihres Gesellschafters oder ihrer Gesellschafter (zunächst F, dann A zu 47,62 % und die EB GmbH zu 52,38 %) abzustellen.
Erst recht lässt sich aus der mittelbaren Beteiligung einer Betriebspersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft eine personelle Verflechtung nicht ableiten. Denn auch insoweit läge ein Durchgriff auf die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter der Besitzkapitalgesellschaft vor.
Lohn und Gehalt
Betriebsveranstaltung mit beschränktem Teilnehmerkreis: Lohnsteuerpauschalierung möglich?
Eine Betriebsveranstaltung kann auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.
Hintergrund
Die Klägerin veranstaltete im Jahr 2015 in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der nur die Vorstandsmitglieder eingeladen waren. Die von ihr hierfür aufgewendeten Kosten betrugen insgesamt 8.034 EUR. Darüber hinaus richtete sie im selben Jahr eine Weihnachtsfeier für diejenigen Mitarbeiter am Standort B und den benachbarten Standorten C und D aus, die zum sog. oberen Führungskreis beziehungsweise Konzernführungskreis gehörten. Dabei handelte es sich um Mitarbeiter, die eine bestimmte Karrierestufe erreicht hatten, aber keinen eigenständigen Betriebsteil bildeten. Für diese Veranstaltung wendete die Klägerin insgesamt 168.439 EUR auf. Die ihren Vorstandsmitgliedern und dem Führungskreis mit den jeweiligen Weihnachtsfeiern zugewandten Vorteile unterwarf die Klägerin nicht dem Lohnsteuerabzug.
Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Klägerin habe die Lohnversteuerung zu Unrecht unterlassen. Die beantragte Lohnsteuerpauschalierung könne nicht mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erfolgen. Denn der Begriff der Betriebsveranstaltung setze ungeachtet der Einfügung einer Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG mit Wirkung vom 1.1.2015 weiterhin voraus, dass die Teilnahme an der Veranstaltung allen Arbeitnehmern des Betriebs oder des Betriebsteils offenstehe. Entsprechend dieser Rechtsauffassung erließ das Finanzamt einen Nachforderungsbescheid.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage beim FG, die erfolglos blieb.
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Klägerin den Arbeitslohn, den sie ihren Vorstandsmitgliedern und den Führungskräften mit der Teilnahme an den Weihnachtsfeiern als Sachbezug zugewandt hat, nicht mit einem Pauschsteuersatz von 25 % versteuern kann.
Hierzu führten die Richter u. a. aus:
Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt unter anderem vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind.
Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Betriebsveranstaltungen sind nach der mit Wirkung zum 1.1.2015 durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften eingefügten Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter.
Entgegen der Rechtsauffassung des FG handelt es sich bei den Weihnachtsfeiern des Vorstands und der Führungskräfte um Betriebsveranstaltungen im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG. Dass die Veranstaltungen nicht allen Betriebsangehörigen offenstanden, steht dem nicht entgegen.
Bis zu der gesetzlichen Neuregelung hat der BFH in ständiger Rechtsprechung unter den Begriff der Betriebsveranstaltung nur Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter subsumiert, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offenstand. Das bisherige Begriffsverständnis greift § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG jedoch nur teilweise auf. So hat das auf der Rechtsprechung des Senats gründende Tatbestandsmerkmal des Offenstehens in der gesetzlichen Legaldefinition der Betriebsveranstaltung keinen Niederschlag gefunden. Diese Voraussetzung findet sich (nunmehr) vielmehr in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG und steht damit nur noch in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 EUR.
Unter Heranziehung des Wortlauts des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG setzt eine Betriebsveranstaltung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 mithin nur noch eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter voraus. Eine Veranstaltung, an der ausschließliche Beschäftigten des Betriebs und deren Begleitpersonen teilnehmen können, ist vom Wortsinn her eine solche Betriebsveranstaltung, auch wenn diese Veranstaltung nicht allen Angehörigen eines Betriebs offensteht.
Davon geht offensichtlich auch die Finanzverwaltung aus und sieht Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter – wie beispielsweise Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern und Jubiläumsfeiern – als Betriebsveranstaltungen an, wenn der Teilnehmerkreis sich überwiegend aus Betriebsangehörigen, deren Begleitpersonen und gegebenenfalls Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammensetzt. Ein Offenstehen der Veranstaltung für alle Beschäftigten wird anders als in den bis zum Veranlagungszeitraum 2014 geltenden Lohnsteuer-Richtlinien R 19.5 Abs. 2 Satz 1 nicht mehr gefordert.
- 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG nimmt das früher von der Rechtsprechung für die Definition der Betriebsveranstaltung herangezogene Tatbestandsmerkmal des Offenstehens auf, stellt es jedoch in einen anderen Kontext. Nunmehr ist das Offenstehen für alle Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils ausschließlich Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung des Freibetrags von 110 EUR.
Die in § 40 Abs. 2 EStG geregelten Pauschalierungsmöglichkeiten dienen vor allem der Vereinfachung des Lohnsteuerverfahrens. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG trägt insbesondere dem Umstand Rechnung, dass der Arbeitgeber bei Betriebsveranstaltungen praktisch keine Möglichkeit hat, die von ihm eingeladenen Arbeitnehmer mit der auf die Zuwendung entfallenden Lohnsteuer zu belasten. Die vereinfachte Berechnung mit einem Pauschsteuersatz soll daher übermäßigen Arbeitsaufwand in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle vermeiden.
Der Klage ist nach allem stattzugeben.
Zur Folge einer verspäteten Pauschalbesteuerung bei Betriebsveranstaltungen
Aufwendungen von mehr als 110 EUR je Beschäftigten für eine Betriebsveranstaltung sind in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn sie nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden.
Hintergrund
Geklagt hatte ein Unternehmen, das mit seinen Beschäftigten am 5.9.2015 ein Firmenjubiläum feierte. Das Unternehmen bezahlte am 31.3.2016 für September 2015 auf einen Betrag von rund 163.000 EUR die für 162 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer. Der Rentenversicherungsträger forderte nach einer Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen i. H. von rund 60.000 EUR nach.
Entscheidung
Das BSG hat entschieden, dass dies rechtmäßig war. Es kommt entscheidend darauf an, dass die pauschale Besteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt. In diesem Fall war das die Entgeltabrechnung für September 2015. Doch tatsächlich wurde die Pauschalbesteuerung erst Ende März 2016 durchgeführt und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden muss.
Das BSG weist darauf hin, dass es für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unerheblich ist, dass im Steuerrecht bei der Pauschalbesteuerung anders verfahren werden kann.
Private Immobilienbesitzer
Ermittlung der kürzeren Nutzungsdauer für Gebäudeabschreibung
Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint.
Hintergrund
Der Klägerin war aufgrund eines Erbvertrags mit ihrem verstorbenen Lebensgefährten (L) vermächtnishalber des lebenslangen Nießbrauches an einem vermieteten Grundstück eingeräumt worden. Das Nießbrauchsrecht wurde nicht ins Grundbuch eingetragen. Auf dem Grundstück befinden sich ein im Jahr 1970 errichtetes Bürogebäude mit Betriebswohnungen und eine Lagerhalle. Die Anschaffungskosten waren fremdfinanziert.
Erben des L und damit Eigentümer des Grundstücks nach dessen Tod wurden dessen Söhne (S 1 und S 2). Die Klägerin hatte sich im Erbvertrag verpflichtet, die zum Zeitpunkt des Anfalls des Vermächtnisses noch bestehenden Verbindlichkeiten, die auf dem Grundstück lasteten, zu übernehmen. 2013 veräußerte S 1 seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück für 150.000 EUR an die Klägerin.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 machte die Klägerin bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die auf die Gebäude entfallenden Anschaffungskosten AfA geltend. Sie ging davon aus, dass die tatsächliche Nutzungsdauer der Gebäude nur noch 6 Jahre betrage.
Das Finanzamt veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß, erließ zu späterer Zeit aber einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem es nur noch AfA in Höhe des typisierten festen Satzes von 2 % anerkannte.
Während des Einspruchsverfahrens änderte das Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzung zu Gunsten der Klägerin aus vorliegend nicht streitigen Gründen. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin weiterhin, AfA nach Maßgabe einer tatsächlich kürzeren – 50 Jahre unterschreitenden – Nutzungsdauer der Gebäude abzuziehen. Das FG holte das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken ein. Der Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten vom 14.7.2020 für das Gesamtobjekt eine gewichtete tatsächliche Restnutzungsdauer von 19 Jahren.
Im Klageverfahren machte die Klägerin darüber hinaus erstmals geltend, dass die AfA-Bemessungsgrundlage zu erhöhen sei. Mit dem Erwerb des hälftigen Miteigentums sei insoweit ihr Nießbrauchsrecht untergegangen. Der Wert dieses Rechtsverlusts sei Bestandteil ihrer Anschaffungskosten gewesen.
Das FG gab der Klage statt. Es meinte, der Wert des seiner Ansicht nach untergegangenen Nießbrauchsrechts gehöre zu den Anschaffungskosten. Der kapitalisierte Wert jenes Rechts sei – bezogen auf den hälftigen Miteigentumsanteil – als Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG lägen vor. Der Sachverständige sei jedoch nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anschaffungskosten auf nur 19 Jahre zu verteilen seien.
Entscheidung
Der BFH hält die Revision des Finanzamts für begründet, soweit das FG den kapitalisierten Wert des auf den erworbenen Miteigentumsanteil entfallenden Nießbrauchsrechts als Anschaffungskosten gewertet und in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen hat. Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben, und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Die Entscheidung des FG, die Gebäude-AfA nicht über 50 Jahre, sondern gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG über nur 19 Jahre zu verteilen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Hierzu führen die Richter u. a. aus:
Die Darlegungs- und Feststellungslast für eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer trägt der Steuerpflichtige.
Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint.
Die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer gem. § 6 Abs. 6 ImmoWertV 2010 ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode.
Die angefochtene Entscheidung ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft, als das FG den Wert des Nießbrauchsrechts, der auf den von S 1 erworbenen Miteigentumsanteil an dem Grundstück entfällt, als Anschaffungskosten angesehen und im Umfang des Gebäudeanteils in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen hat. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage.
Der kapitalisierte Wert eines lebenslangen, fortbestehenden Nießbrauchsrechts an einem Grundstück ist nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des Grundstücks, wenn der Nießbraucher das Eigentum am belasteten Grundstück erwirbt.
Im zweiten Rechtsgang wird das FG zu befinden haben, in welcher Höhe neben den AfA für die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten weitere AfA nach § 7 Abs. 1 EStG auf das in Gänze fortbestehende Nießbrauchsrecht abzuziehen sind. Hierzu bedarf es Feststellungen zur Höhe der Darlehensverbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Erfüllung des Vermächtnisses sowie zur Laufzeit des Nießbrauchs.
Steuerrecht Arbeitnehmer
Abzugsfähigkeit: Häusliches Arbeitszimmer und betriebliches Büro
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig, wenn zugleich ein betriebliches Büro zur Verfügung steht. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige an Altersfreizeittagen und arbeitsfreien Tagen das Arbeitszimmer für berufliche Zwecke nutzt.
Hintergrund
Das Finanzamt hat die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten anerkannt, da dem Kläger ein betriebliches Büro zur Verfügung gestanden habe. Außerdem hat das Finanzamt die Aufwendungen für einen Waschservice nicht, wie von den Klägern geltend gemacht, als haushaltsnahe Dienstleistung berücksichtigt, da es sich nicht um Dienstleistungen im eigenen Haushalt der Kläger handele. Nach erfolglosem Einspruch begründeten die Kläger ihre Klage damit, dass der Kläger das 63 km entfernte betriebliche Büro nicht habe nutzen können, weil es aus Gründen des Umweltschutzes verboten sei, unnötige Fahrten zu unternehmen und er die Arbeit ohne Umweltverschmutzung vom Telearbeitsplatz erledigen könne.
Da das Arbeitszimmer des Klägers nicht der Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit war, haben die Kläger ihr Abzugsbegehren auf den Betrag von 1.250 EUR eingeschränkt. Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen sei höchstrichterlich entschieden, dass es darauf ankomme, dass der Leistungserfüllungszeitpunkt im Haushalt liege. Der Prozess, Hemden zu waschen und bügeln, beginne mit der Entnahme der schmutzigen Hemden aus der Wäschetruhe und ende mit dem Aufhängen der gebügelten Hemden im Kleiderschrank.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass für das Arbeitszimmer auch ein Abzug i. H. v. 1.250 EUR nicht in Betracht komme, da dem Kläger ein „anderer Arbeitsplatz“ in seinem betrieblichen Büro zur Verfügung gestanden habe (Sachverhalt und Rechtslage vor VZ 2023). Dieses betriebliche Büro war zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt objektiv geeignet. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger an Altersfreizeittagen oder anderen arbeitsfreien Tagen in seinem häuslichen Büro gearbeitet habe. Zu den Kosten für den Waschservice hat das FG die Auffassung vertreten, dass es im Streitfall an der räumlichen Nähe der ausgeführten Dienstleistungen zum Haushalt der Kläger fehle. Die streitbefangenen Dienstleistungen seien nämlich nicht im oder in der Nähe des Haushalts der Kläger ausgeführt worden, sondern in einem räumlich entfernt liegenden Gewerbebetrieb.
Steuerrecht Unternehmer
Kassenbuch: Richtsatzsammlung als Schätzungsgrundlage
Die Richtsatzsammlung des BMF kann weiterhin als Schätzungsgrundlage verwendet werden, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für eine Schätzung vorliegen.
Hintergrund
Die Klägerin betrieb einen Imbiss. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung rügte das Finanzamt die Buchführung als nicht ordnungsgemäß. Insbesondere die Kassenbuchführung sei fehlerhaft. Insofern führte das Finanzamt eine Schätzung unter Anwendung der Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums durch. Gegen die geänderten Steuerbescheide wandte sich die Klägerin im Einspruchs- und Klageverfahren. Sie rügte die Schätzungsbefugnis sowie die Art der Schätzung.
Entscheidung
Die Klägerin hatte indes auch beim FG keinen Erfolg. Das Finanzamt sei befugt, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, sofern die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können. Dies sei hier der Fall, da die Buchführung nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe. Insbesondere die Kassenführung sei fehlerhaft und unvollständig gewesen. Insofern habe das Finanzamt eine Schätzung durchführen dürfen.
Die Schätzung habe hierbei nach der Methode zu erfolgen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit habe. Die Verwendung der amtlichen Richtsatzsammlungen sei eine anerkannte Schätzungsmethode. Unschärfen bei Anwendung seien in Kauf zu nehmen.