— September 2024 —

Kapitalanlage und Versicherung

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    5229 mr reichwein 2022

    Ist ein Verlust aus einem Darlehnsverzicht steuerlich zur berücksichtigen?

    Der vertragliche Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers als sonstige Kapitalforderung wird mit dem wirksamen Zustandekommen des Darlehensvertrags „begründet“.

    Hintergrund

    Die Kläger sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2018 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Vertrag vom 1.8.2006 verpachtete die Klägerin der Q Ltd. das ihr gehörende und mit einem Hotelgebäude bebaute Grundstück X-Straße 1 sowie einen Personenkraftwagen. Der Kläger war Direktor der Q Ltd. mit Sitz in London und Zweigniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2011 war der Kläger auch Alleingesellschafter der Q Ltd. Die Q Ltd. wurde im Jahr 2019 aufgelöst und die Zweigniederlassung aufgehoben.

    Am 1.1.2008 gewährte die Klägerin der Q Ltd. ein Darlehen über max. 150.000 EUR, rückzahlbar zum Ende des Vertrags. Die Q Ltd. sollte berechtigt sein, das Darlehen jederzeit bis zur maximalen Höhe abzurufen oder zu tilgen.

    Die Zinsen wurden jährlich ermittelt und am Ende des Jahres dem Darlehen zugeschlagen. Rückzahlungen sollten vorrangig auf die Zinsen verrechnet werden. Die Entwicklung des Darlehenskontos ergibt sich aus den Jahreskontoauszügen 2008 bis 2018.

    Mit Auflösungsvereinbarung vom 31.12.2018 verzichtete die Klägerin zum 31.12.2018 vollständig auf die Rückzahlung des Darlehens. Das Darlehen valutierte am 31.12.2018 mit 111.865,11 EUR.

    In ihrer Einkommensteuererklärung 2018 machten die Kläger den Darlehensverzicht als der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden Verlust in voller Höhe bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen geltend.

    Das Finanzamt erkannte den Verlust aus dem Darlehensverzicht im Einkommensteuerbescheid nicht an. Die entsprechende Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG sei erstmals anwendbar auf Kapitalforderungen, die nach dem 31.12.2008 begründet worden seien. Die Kapitalforderung, auf die die Klägerin verzichtet habe, sei aber mit Abschluss des Darlehensvertrags am 1.1.2008 begründet worden.

    Die Klage vor dem FG war erfolgreich.

    Entscheidung

    Der BFH hat der Revision des Finanzamts stattgegeben und die Klage abgewiesen. Das FG hat den Verzicht auf die Darlehensrückzahlung zu Unrecht als steuerbar erachtet. Der Anwendungsbereich des Veräußerungstatbestands in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ist im Streitfall nicht eröffnet.

    Der vertragliche Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers ist mit dem wirksamen Zustandekommen des Darlehensvertrags „begründet“.

    Ob im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits von einer Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers gesprochen werden kann oder ob eine Rückzahlungsverpflichtung zivilrechtlich erst nach Auszahlung der Darlehenssumme entsteht, bedarf hier keiner Entscheidung.

    Da es sich bei dem Darlehensrückzahlungsanspruch um einen vertraglichen Anspruch handelt, kommt es für den sachlichen Anwendungsbereich der Besteuerungsnorm auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an Zu diesem Zeitpunkt ist auch der „Erwerb“ des Rückzahlungsanspruchs erfolgt, denn der Darlehensnehmer verpflichtet sich bereits im Darlehensvertrag zur Rückzahlung des Darlehens.

    Der Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und der Q Ltd. ist vor dem 1.1.2009 wirksam zustande gekommen ist. Damit ist der Rückzahlungsanspruch der Klägerin als Darlehensgeberin vor dem 1.1.2009 im Sinne des Übergangsrechts „begründet“ worden, weil sein Rechtsgrund zu diesem Zeitpunkt gelegt war.

    Auf dieser Grundlage ist der Anspruch, auf den die Klägerin verzichtet hat, entgegen der Auffassung der Kläger, nicht erst 2014 (neu) entstanden. Der Rechtsgrund für den Anspruch ist der Vertrag vom 1.1.2008.