Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft

— März 2024 —

«ZMSD/Mdt/Briefanrede» 

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.

Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung wegen vorsätzlicher Minderleistung?

2 Mitarbeitenden, die in ihrem Job im Bereich des Bürgertelefons zu wenig Telefonanrufe entgegennahmen, kündigte der Arbeitgeber fristlos. Die Kündigungen waren wirksam.

Hintergrund

Beide waren als Servicemitarbeiter bei Performa Nord im Bereich des Bürgertelefons Bremen beschäftigt. Der Arbeitgeber, die Freie Hansestadt Bremen, zu der Performa Nord gehört, warf den Mitarbeitenden vor, besonders wenig Telefonanrufe entgegengenommen zu haben. Den Vorwurf stützte der Arbeitgeber auf die nachträgliche Auswertung von Telefonzeiten der Mitarbeiter, die beide auch Gewerkschaftsmitglieder sind. Der Personalrat hatte zuvor ausdrücklich zugestimmt, dass diese ausgewertet werden dürften.

Das an 4 einzelnen Tagen exemplarisch ausgewerteten Telefonverhalten ergab, dass die Mitarbeiter in der Zeit zwischen März und Mai 2023 nur Telefonzeiten zwischen 30 und 35 % bzw. zwischen 16 und 33 % erbrachten. Vom Arbeitgeber gesetztes Ziel waren Telefonzeiten – nach Abzug u. a. von Nachbearbeitungszeiten und Bildschirmarbeitspausen – von 60 % der dienstplanmäßigen Arbeitszeit an einem Tag. Der Arbeitgeber sah in dem Telefonverhalten einen Arbeitszeitbetrug und kündigte den Mitarbeitenden fristlos.

Die beiden Servicemitarbeitenden hielten die Kündigungen für unwirksam und gingen gerichtlich dagegen vor. Sie verlangten, weiter beschäftigt zu werden, da ihrer Meinung nach kein Grund für eine Kündigung vorliege. Die Auswertung des Telefonverhaltens sei unzulässig und nicht von einer Dienstvereinbarung gedeckt gewesen. Die Kündigungen seien auch deshalb unwirksam, weil es an einer vorherigen Abmahnung fehle und sie zuvor nicht angehört worden seien. Das Telefonverhalten sei nicht als betrügerisch, sondern allenfalls als unterdurchschnittliche Leistung zu bewerten.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht überzeugte dieses Vorbringen nicht. Das Gericht urteilte: Beide fristlosen Kündigungen waren wirksam. Als Begründung führte es aus, dass die beiden Mitarbeitenden Telefonzeiten in einem derart geringen Umfang leisteten, dass auf eine vorsätzliche vertragswidrige Vernachlässigung der Arbeitspflicht geschlossen werden könne. Durch eine bloße Minderleistung könnten die Daten, die der Arbeitgeber aus der Auswertung des Telefonverhaltens in 3 zurückliegenden Monaten gewonnen hatte, nicht erklärt werden.

Das Gericht wies darauf hin, dass die Auswertung zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle von Arbeitnehmenden zwar nach einer Dienstvereinbarung untersagt sei. Allerdings habe der Personalrat den Auswertungen zuvor jeweils ausdrücklich zugestimmt.

Nach der Rechtsprechung des BAG sind Daten, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen, selbst dann verwertbar, wenn die Gewinnung der Daten nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht. Auch den Kündigungen hatte der Personalrat zuvor jeweils ausdrücklich zugestimmt. Ob die Daten rechtswidrig gewonnen waren, konnte das Gericht daher nach eigenen Angaben offenlassen. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber das Verhalten der Mitarbeitenden wegen ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft ausgewertet und ihnen gekündigt hatte.

 

Zum Recht auf Urlaubsabgeltung bei vorzeitigem Ruhestand

Wer vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und seinen Resturlaub bis dahin nicht genommen hat, kann dafür Urlaubsabgeltung verlangen. Das gilt auch bei einem freiwilligen vorzeitigen Ruhestand.

Hintergrund

Der Arbeitnehmer war von 1992 bis Oktober 2016 im öffentlichen Dienst als Verwaltungsleiter bei der Gemeinde Copertino beschäftigt. Als er vorzeitig in den Ruhestand ging, verlangte er eine finanzielle Vergütung für 79 Resturlaubstage, die er bis zu dem Zeitpunkt nicht genommen hatte. Der Arbeitgeber, die Gemeinde, verweigerte dies unter Hinweis auf eine italienische Regelung, nach der Angestellte im öffentlichen Dienst keinen Anspruch auf finanzielle Vergütung für bis dato nicht genommenen Jahresurlaub haben, wenn sie auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.

Entscheidung

Der EuGH stellte in seinem Urteil fest, dass eine nationale Regelung, die eine finanzielle Abgeltung des Urlaubs verbietet, EU-Recht widerspricht. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub, einschließlich seiner etwaigen Ersetzung durch eine finanzielle Vergütung, dürfe nicht rein wirtschaftlichen Überlegungen wie der Eindämmung öffentlicher Ausgaben untergeordnet werden. Daher habe der Arbeitgeber, die Commune di Copertino, den Ausschluss der Urlaubsabgeltung nicht damit begründen dürfen, dass dadurch öffentliche Ausgaben geringgehalten werden sollen.

Der Gerichtshof machte deutlich, dass der Arbeitgeber nach der EU-Arbeitszeitrichtlinie zwar die ordnungsgemäße Planung des Urlaubszeitraums vornehmen müsse, das vorrangige Ziel der Richtlinie jedoch darin bestehe, dass Arbeitnehmende sich erholen und Arbeitgeber Sorge dafür tragen müssten, ihre Beschäftigten dazu anzuhalten, den Jahresurlaub zu nehmen.

Dementsprechend bestätigte der EuGH in seinem Urteil seine bisherige Rechtsprechung und wies erneut darauf hin, dass der Urlaubsanspruch oder der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nur in wenigen Ausnahmen verfallen dürfen. Hierzu müsse der Arbeitgeber nachweisen können, dass der Mitarbeiter den Urlaub aus freien Stücken nicht genommen habe, obwohl der Arbeitgeber ihn zuvor auf den möglichen Verfall am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums hingewiesen und zudem dazu aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen.

Grundsätzlich seien Arbeitgeber verpflichtet, den Nachweis, dass sie sorgfältig über die Fakten zum Urlaub und Verfall unterrichtet haben, zu erbringen. Davon seien öffentliche Arbeitgeber nicht ausgenommen, stellte der EuGH fest. Ob der Arbeitgeber nachweisen könne, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt habe, um den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, müsse aber das nationale Gericht prüfen.

 

Private Immobilienbesitzer

Gartengrundstück: Wann der Verkauf steuerpflichtig ist und wann nicht

Private Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken liegen vor, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt – es sei denn, das Grundstück wurde für einen bestimmten Zeitraum zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Ein Zusammenhang eines geteilten Grundstücks mit dem eigengenutzten Wohnheim liegt nicht mehr vor, wenn die Teilung zwecks Veräußerung erfolgt.

Hintergrund

Die Kläger sind verheiratet und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Kläger erwarben 2014 zu je ½ ein Grundstück (3.863 qm).

Der Einzug in das Eigenheim erfolgte in 2015 nach Sanierung.

Infolge der sich nachträglich herausgestellten Bebaubarkeit des großen Grundstücks wurde dieses geteilt.

Ein Grundstücksteil von 1.000 qm wurde nach der Teilung in 2019 veräußert. Zuvor wurden Abriss- und Abholzungsmaßnahmen durchgeführt. Bis zum Verkauf wurde das geteilte Grundstück offenbar weiter als Gartengrundstück genutzt.

Das Finanzamt ging in Bezug auf den veräußerten Grundstücksteil von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus und versteuerte rd. 66.000 EUR.

Auch das FG ging von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus. Ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem weiter bewohnten Objekt liege nach Abtrennung und anschließender Veräußerung nicht mehr vor.

Entscheidung

Die Revision gegen die Entscheidung des FG ist unbegründet und wurde vom BFH zurückgewiesen. Der BFH stellte zunächst heraus, dass die Anschaffung und die Veräußerung innerhalb der 10-Jahresfrist stattgefunden habe und demnach ein privates Veräußerungsgeschäft vorliege.

Zwischen dem veräußerten und dem angeschafften Wirtschaftsgut muss eine wirtschaftliche Identität (Nämlichkeit) vorliegen. Hiervon geht der BFH aus, wenn das angeschaffte Wirtschaftsgut nach Teilung nur zum Teil veräußert wird (wirtschaftliche Teilidentität). Auch im Entscheidungsfall erbrachte Abriss- und Abholzungsmaßnahmen auf dem abgeteilten Grundstück änderten an dem Vorliegen einer Teilidentität nichts.

Das private Veräußerungsgeschäft wird nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen. Durch die Grundstücksteilung entfiel der einheitliche Nutzungs- und Funktionszusammenhang des neuen Grundstücksteils zu dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude nebst dazugehörigem Grund und Boden.

Mit der Teilung entstanden aus dem bis dahin einheitlichen Wirtschaftsgut Grund und Boden zwei neue Wirtschaftsgüter (Grundstücke), deren „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ jeweils getrennt zu betrachten ist.

Das abgetrennte Grundstück kann nach Auffassung des BFH zwar trotz Teilung noch in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten bebauten anderen Grundstück stehen. Im Entscheidungsfall hat der BFH diesen einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang aber abgelehnt.

Die Abtrennung der Teilfläche erfolgte zwecks Veräußerung und Bebauung durch den Erwerber. Die Abtrennung und die dokumentierte Veräußerungsabsicht überlagern den Zusammenhang mit dem eigengenutzten Gebäude und dessen Grundstück. Von einer Eigennutzung des später veräußerten Grundstücksteils ging der BFH zudem nicht aus, selbst wenn die Kläger dieses Flurstück bis zur Veräußerung als Garten genutzt haben sollten.

Unter welchen anderen Voraussetzungen ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem eigengenutzten Gebäude nebst dessen Grundstück bejaht werden kann, ließ der BFH ausdrücklich offen.

 

Privates Veräußerungsgeschäft: Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei Überlassung an (Schwieger-)Mutter

Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt nicht vor, wenn einer anderen Person als dem kindergeldberechtigten Kind die Wohnung unentgeltlich überlassen wird. Eine steuerpflichtige Grundstücksveräußerung liegt daher vor, wenn eine Wohnung der (Schwieger-)Mutter zur Nutzung überlassen wird.

Hintergrund

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Kläger erwarben 2009 zu je ½ eine Eigentumswohnung.

Diese Eigentumswohnung wurde bis zu ihrem Tod am 24.12.2016 an die Mutter der Klägerin unentgeltlich zur Nutzung überlassen.

Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG machten die Kläger für die unentgeltliche Nutzungsüberlassung nicht geltend.

Nach dem Tod der (Schwieger-) Mutter wurde die Eigentumswohnung in 2017 mit Gewinn verkauft.

Die Kläger gingen von einer ausschließlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aus. Demgegenüber erfasste das Finanzamt bei dem Kläger und der Klägerin einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i. H. v. jeweils rd. 16.300 EUR.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Es liegt nach Auffassung des FG keine Nutzung der Kläger zu eigenen Wohnzwecken vor.

Entscheidung

Auch der BFH geht von einem privaten Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus.

Eine Besteuerungsbefreiung ergibt sich nicht, weil die Kläger die besagte Wohnung nicht selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Allein eine Wohnsitzmeldung unter der Immobilienadresse reicht für ein Bewohnen nicht aus, wenn man sich allenfalls für Besuchsfahrten gelegentlich dort aufhält und die Wohnung ansonsten von einem Dritten zu Wohnzwecken genutzt wird.

Grundsätzlich liegt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlassen wird, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Ausnahmsweise wird eine Eigennutzung bejaht, wenn ein Teil der Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich nach § 32 EStG zu berücksichtigendes Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlassen wird.

Eine Ausweitung dieser Sonderregelung auf eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung an eine nicht kindergeldberechtigende Person – wie hier der (Schwieger-)Mutter – lehnt der BFH ab.

Bei kindergeldberechtigenden Kindern werde bei typisierender Betrachtung von einer Unterhaltspflicht und vom Anfall von entsprechenden Aufwendungen ausgegangen.

Demgegenüber wurde im Entscheidungsfall keine Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrer Mutter festgestellt. Auch habe der Kläger gegenüber der Schwiegermutter mangels Verwandtschaftsverhältnisses keine Unterhaltspflicht zu erfüllen.

 

Steuerrecht Arbeitnehmer

Doppelte Haushaltsführung: Kosten auch in einem Wegverlegungsfall abziehbar?

Eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung kann auch dann vorliegen, wenn der bisherige Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und in der beibehaltenen Wohnung ein Zweithaushalt begründet wird.

Hintergrund

Die Kläger sind beide Arbeitnehmer und hatten bis zum Streitjahr 2016 ihren Lebensmittelpunkt in Y. In der Steuererklärung für das Jahr 2016 gaben sie an, dass sie den „Haupthausstand“ und damit den Lebensmittelpunkt im Jahr 2016 nach H verlegt hätten. Die Klägerin habe jedoch die Wohnung in Y als Zweitwohnung beibehalten und sei von dort – im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung – ihrer Berufstätigkeit nachgegangen.

Das Finanzamt hat jedoch die für die doppelte Haushaltsführung geltend gemachten Kosten nicht als Werbungskosten anerkannt, da sich nach der Gesamtwürdigung aller Umstände der Lebensmittelpunkt weiter in Y befunden habe. Die Kläger begehren im Klageverfahren weiter den Abzug der Kosten für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es hat zwar bestätigt, dass grundsätzlich eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen könne, wenn ein Steuerpflichtiger seinen bisherigen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlege und daraufhin in der dort beibehaltenen Wohnung einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung nachzugehen.

Nach Würdigung des umfangreichen Sachvortrags hat das FG jedoch entschieden, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger weiter in Y befunden habe, weil sich die Kläger im Wesentlichen an dem Haupthausstand in Y aufgehalten hätten. Außerdem sei davon auszugehen, dass sich bei einem verheirateten Arbeitnehmer der Lebensmittelpunkt grundsätzlich an dem Ort befinde, an dem auch der Ehegatte wohne.

Im Streitfall sei es für die Annahme des Lebensmittelpunktes in H nicht ausreichend, wenn die Klägerin nicht am örtlichen Gemeindeleben teilgenommen, dort keine Tageszeitung bezogen hätte und auch nicht ersichtlich sei, welche sozialen Kontakte sie und ihre Kinder an dem betreffenden Ort oder dessen Umgebung hatten.

 

Steuerrecht Privatvermögen

Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung bei Freiwilligendienst zwischen mehreren Ausbildungsabschnitten

Eine aus mehreren Ausbildungsabschnitten bestehende einheitliche Erstausbildung liegt nur dann vor, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinanderstehen. An einem engen zeitlichen Zusammenhang fehlt es, wenn das Kind zwischen zwei Abschnitten einen Freiwilligendienst absolviert, statt die Ausbildung sogleich fortzusetzen.

Hintergrund

Die 1996 geborene A beendete mit Ablauf des Sommersemesters 2018 erfolgreich ihr Studium.

In der Zeit vom 1.10.2018 bis zum 31.5.2019 absolvierte sie ein freiwilliges soziales Jahr.

Vom 1.7. bis 30.9.2019 ging sie einer befristeten Aushilfstätigkeit als Werkstudentin nach, wobei eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden vereinbart war.

Ab dem 1.10.2019 (Wintersemester 2019/2020) begann A den Master-Studiengang in dem Fachbereich, in dem sie zuvor das Bachelorstudium erfolgreich abgeschlossen hatte.

Der Zulassungsbescheid der Universität datiert vom 10.7.2019.

Bereits mit E-Mail vom Juli 2018 hatte der Kläger die Familienkasse über die aus damaliger Sicht zukünftigen beruflichen Pläne seiner Tochter unterrichtet.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung letztlich mit Wirkung ab Juli 2019 auf. Die Familienkasse sah insbesondere aufgrund des zwischenzeitlich abgeleisteten sozialen Jahres keinen engen Zusammenhang zwischen dem Bachelorstudium und dem angestrebten Masterstudium und beurteilte dieses als Zweitstudium. Die Aushilfstätigkeit als Werkstudentin von wöchentlich 25 Stunden während des Zeitraums Juli bis September 2019 wurde als kindergeldschädlich eingeordnet.

Das FG schloss sich der Auffassung der Familienkasse nicht an und gewährte für den strittigen Zeitraum Juli bis September 2019 Kindergeld. Der Masterstudiengang sei noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung. Der dazwischen absolvierte Freiwilligendienst ändere hieran nichts, auch weil bereits vor Abschluss des Bachelors die Aufnahme des Masters nachweislich beabsichtigt war. Der Freiwilligendienst sei dann integrierter Bestandteil des Ausbildungsplans.

Entscheidung

Der BFH hat den Kindergeldanspruch abgelehnt.

Zwar kann das Kindergeld grundsätzlich selbst dann gewährt werden, wenn die Tochter in dem strittigen Zeitraum Juli bis September 2019 eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht fortsetzen kann. Der Master-Studiengang begann schließlich erst ab Oktober 2019.

Dem grundsätzlich möglichen Kindergeldanspruch steht aber im Entscheidungsfall die 25-stündige wöchentliche Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Werkstudententätigkeit entgegen. Der Tätigkeitsumfang war relevant, weil das Kind seine erstmalige Ausbildung mit Abschluss des Bachelors abgeschlossen hatte.

Eine einheitliche Erstausbildung im Sinne des Kindergeldrechts liegt bei mehreren Ausbildungsabschnitten (mehraktige einheitliche Ausbildung) nur vor, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. So ist es grundsätzlich möglich, dass die erstmalige Ausbildung im Kindergeldrecht z. B. erst mit Abschluss des Masters vorliegt.

Für eine mehraktige einheitliche Ausbildung kommt es vor allem darauf an, ob die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinanderstehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

Von einem engen zeitlichen Zusammenhang geht die Rechtsprechung nur dann aus, wenn das Kind nach seinem ersten Ausbildungsabschnitt zum nächstmöglichen Zeitpunkt den nächsten Ausbildungsabschnitt aufnimmt.

Hiervon war im Entscheidungsfall nicht auszugehen, weil sich das Kind nach dem erfolgreich abgeschlossenen Bachelor-Studium aus persönlichen Gründen für einen Freiwilligendienst entschied. Allein die Entscheidung zur Aufnahme des Masterstudiums nach dem Freiwilligendienst, die vor Beendigung des Bachelors getroffen wurde, reicht nicht aus. Durch die tatsächliche Entscheidung für den Freiwilligendienst aus persönlichen Gründen wird der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bachelor- und dem Master-Studium unterbrochen und die Erstausbildung im Sinne des Kindergeldrechts ist mit Abschluss des Bachelors beendet.

Der kindergeldauslösende Freiwilligendienst selbst stellt keine Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dar – entgegen der Auffassung des FG – und kann damit kein Bestandteil einer mehraktigen Ausbildung sein.

 

Einspruch per E-Mail: Wer muss den Zugang nachweisen?

Ein Einspruch muss fristgerecht eingereicht werden. Dem Steuerpflichtigen obliegt dabei der Nachweis des Zugangs eines per Mail eingelegten Einspruchs.

Hintergrund

Am 8.8.2018 erließ das Finanzamt Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017, in denen verschiedene Werbungskosten nicht anerkannt wurden.

Im Mai 2019 teilte das Finanzamt per E-Mail mit, dass zu diesen Bescheiden im Finanzamt kein Einspruch vorliege. Der steuerliche Vertreter des Klägers übersandte hierauf als E-Mail-Anhang am 31.5.2019 eine E-Mail vom 30.8.2018, mit der (fristgerecht) Einspruch eingelegt wurde. Die E-Mail-Adresse des Finanzamts war hierbei zutreffend verwendet worden.

Das Finanzamt teilte im Juni 2019 mit, dass dieser Einspruch aus dem August 2018 nicht eingegangen sei, der Einspruch sei damit erst im Mai 2019 erhoben worden. Der Einspruch sei deshalb verfristet. Der Kläger wandte sich hierbei gegen diese Entscheidung des Finanzamts. Er trug vor, dass ihm Fehler des Finanzamts nicht anzulasten seien. Hilfsweise beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Entscheidung

Der Kläger hatte beim Finanzgericht Erfolg, allerdings „lediglich“ mit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Einspruchsfrist sah auch das Finanzgericht als überschritten an, da der Kläger den Zugang der E-Mail vom 30.8.2018 nicht nachgewiesen habe. Hierfür trage der Kläger die Beweislast. Bei einem Einspruch per E-Mail obliege es dem Versender der Mail, den Empfang nachzuweisen, da er diese Art der Übermittlung des Einspruchs freiwillig gewählt hat. Allerdings sei dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Voraussetzungen des § 110 AO erfüllt seien.

Der Kläger sei ohne sein Verschulden verhindert gewesen, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auch sei die versäumte Handlung innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt worden. Ein Verschulden des Klägervertreters sei deshalb nicht gegeben, da die Mail vom 30.8.2018 an die richtige Adresse versandt worden sei und auch nicht als unzustellbar zurückgekommen sei. Zudem sei eine Kopie dieser E-Mail zutreffend zugestellt worden. Das Einholen einer Lesebestätigung sei nicht erforderlich, da es hierzu insbesondere von Seiten der Finanzverwaltung keine Vorgaben gebe.

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