Aktuelle Informationen aus Steuern, Recht und Wirtschaft

— September 2023 —

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden.

Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

Grundstücksunternehmen: Ist eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags möglich?

Beseitigen Mietvertragsparteien einen Streit über die Wirksamkeit des Mietvertrags vor Überlassung des Mietobjekts dadurch, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet, stellt diese Schlusszahlung eine Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz dar. Sie unterliegt der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

 

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Im Jahr 2010 schloss sie als Vermieterin einen Gewerberaummietvertrag. In diesem Mietvertrag verpflichtete sich die Klägerin, ein ganzes Grundstücksareal umzubauen und an die Mieterin zur Nutzung zu überlassen.

Als Mietbeginn legten die Parteien den 1.8.2012 fest. Die Dauer des Mietvertrags sollte 15 Jahre betragen. Ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbarten die Parteien nicht.

Nachdem sich die Umbauarbeiten aus verschiedenen Gründen verzögerten und auch der Übergabe mehrmals verschoben wurde, einigten sich die Vertragsparteien schließlich im August 2015 in einer „Schlussvereinbarung zum Mietvertrag“ darauf, das
Mietverhältnis gegen Zahlung eines Geldbetrags durch die Mieterin i. H. v. 4.750.000 EUR zu beenden.

In der Gewinn- und Verlustrechnung auf den 31.12.2015 erfasste die Klägerin die Zahlung des Schlussbetrags als sonstigen betrieblichen Ertrag. In der Gewerbesteuererklärung 2015 beantragte sie die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Zahlung des Schlussbetrags nicht um eine Zahlung im Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gehandelt habe.

 

Entscheidung

Der Klägerin steht im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu. Anstelle der „einfachen“ Kürzung kann bei Grundstücksunternehmen auf Antrag die sog. erweiterte Kürzung greifen. Der Zweck dieser sog. erweiterten Kürzung besteht darin, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zweck der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur private Vermögensverwaltung betreiben. Nach dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck ist die erweiterte Kürzung erst dann ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen zur Gewerblichkeit überschreitet.

Die Klägerin hat im Urteilsfall die Grenzen der Gewerblichkeit nicht überschritten. Die Vermietung von Grundbesitz bleibt auch dann private Vermögensverwaltung, wenn der Besitz sehr umfangreich ist und zur Verwaltung ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb unterhalten wird.

Führt eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft (Vermieterin) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung nach Überlassung des Mietobjekts Rechtsstreitigkeiten aus einem fortbestehenden – eigenen Grundbesitz betreffenden – Mietvertrag, ist diese Tätigkeit integraler Bestandteil der Nutzung und Verwaltung ihres eigenen Grundbesitzes. Solche Aktivitäten dienen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundbesitzes.

Dies muss auch dann gelten, wenn die Mietvertragsparteien vor Überlassung des Mietobjekts den Streit über die fortbestehende Wirksamkeit eines Mietvertrags dadurch ausräumen, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet.

Ebenso bewegt sich die Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche im Rahmen der Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes. Eine andere Beurteilung hätte das sinnwidrige Ergebnis zur Folge, dass der Vermieter auf die Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche verzichten müsste, um die erweiterte Kürzung nicht zu gefährden.

 

Kapitaleinlage und Versicherung

Private Krankenversicherung: In welchem Umfang darf der Versicherer die Prämien erhöhen?

Versicherer dürfen in ihren Bedingungen festlegen, dass sie auch bei Abweichungen, die unter den gesetzlich festgelegten 10 % liegen, ihre Kalkulation überprüfen dürfen.


Hintergrund

Ein Mann hatte bei einer privaten Krankenversicherung eine Kranken- und Pflegeversicherung sowie eine Krankengeldtageversicherung. Die Versicherung erhöhte zwischen den Jahren 2012 und 2018 insgesamt 5 Mal die Beiträge. Sie berief sich dabei auf die Versicherungsbedingungen. In denen war u. a. geregelt: Schon bei einer Abweichung von 5 % der erforderlichen von den technischen Berechnungsgrundlagen kann der Versicherer die Beiträge überprüfen und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders anpassen.

Bei einer Abweichung von 10 % – dem gesetzlich vorgesehene Schwellenwert gem. § 203 Abs. 2 VVG i. V. m. § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG –- werden dagegen die Beiträge immer überprüft – also keine Kann-Vorschrift. Der Versicherte hielt die Prämienanpassungsklausel mit der 5 %-Grenze für unwirksam und folglich die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig.

 

Entscheidung

Das Berufungsgericht hatte dies noch bestätigt. Nicht so der BGH. Die Klausel in der Versicherungsbedingungen mit der 5 %-Grenze weiche nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Regelungen des § 203 Abs. 2 VVG ab.

Der Wortlaut der Vorschrift lasse unterschiedliche Deutungen zu. Er ermögliche es dem Versicherer, in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einen geringeren Prozentsatz als 10 % vorzusehen. Dabei werde nicht festgelegt, ob dieser geringere Prozentsatz den gesetzlichen Schwellenwert (10 %) ersetzen muss oder neben ihn treten kann.

Versicherungen seien berechtigt, in den Versicherungsbedingungen einen niedrigeren Schwellenwert festzulegen, ab dem sie die Kalkulation ihrer Prämien überprüfen und diese evtl. anpassen dürfen. Dies diene u. a. auch dazu, große Prämiensprünge zu vermeiden.

Die Versicherungsklausel benachteilige Versicherungsnehmer auch nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unangemessen. Unangemessen ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versuche. Und zwar ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.

Das Prämienanpassungsrecht des Versicherers solle vorrangig die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleisten.

 

Private Immobilienbesitzer

Selbstbewohnte Baudenkmäler: Steuerbegünstigung darf nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden

Durch die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für ein selbstbewohntes Baudenkmal tritt ein Objektverbrauch ein. Die Vorschrift verhindert die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt nicht nur in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander, sondern auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander.

 

Hintergrund

Der Kläger hatte für im Jahr 2006 getätigte Erhaltungsmaßnahmen an der ihm gehörenden Wohnung I ab jenem Jahr eine Steuerbegünstigung nach § 10f EStG in Anspruch genommen. Im Jahr 2013 zog er aus dieser Wohnung in die in seinem hälftigen Eigentum stehende Wohnung II um. Den vom Kläger für das Jahr 2014 beantragten Abzugsbetrag nach § 10f EStG für die Wohnung II ließ das Finanzamt außer Ansatz, da die Begünstigung gem. § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG nur bei einem einzigen Objekt in Anspruch genommen werden könne; dies sei bereits bei der Wohnung I geschehen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die Klage ab. Mit seiner Revision wandte sich der Kläger gegen das finanzgerichtliche Verständnis des § 10f Abs. 3 EStG, nach dem eine Förderung für ein Zweit- oder Drittobjekt nach Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung für ein Erstobjekt nicht möglich sei. Im Wege „einfacher“ Auslegung sei ein solches Ergebnis nicht erreichbar, da es für eine Einschränkung der Begünstigung im Sinne eines Objektsverbrauchs an einem Anhaltspunkt im Gesetz fehle. Es sei eine verfassungskonforme Auslegung notwendig.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach dem Kläger der geltend gemachte Steuerabzug nicht gewährt werden kann. Die Voraussetzungen des § 10f EStG seien nicht erfüllt.

Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der BFH versteht die Regelungen in § 10f EStG dahingehend, dass der Steuerpflichtige von der Steuervergünstigung im Verlauf seines Lebens nur für ein einziges Gebäude bzw. einen gleichstehenden Miteigentumsanteil Gebrauch machen kann. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach dem der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge nur bei „einem“ Gebäude in Anspruch nehmen kann. Dabei handelt es sich nicht um einen unbestimmten Artikel, sondern um ein Zahlwort.

Für die vom Kläger vertretene Auffassung, dass die in § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG enthaltene Beschränkung der Förderung auf ein einziges Objekt lediglich die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander und nicht auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander (und damit für die Lebenszeit des Steuerpflichtigen) unterbinden will, finden
sich in der Vorschrift keine Anhaltspunkte.

Vor diesem Hintergrund ist von einer umfassenden Beschränkung des Abzugs auf nur ein Objekt auszugehen, so dass es nicht möglich ist, in einem späteren Veranlagungszeitraum Beträge für ein anderes Gebäude abzuziehen. Insoweit tritt durch die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung nach § 10f Abs. 1 EStG ein Objektverbrauch ein.

Auch die teleologische Auslegung der Vorschrift führt zu keinem anderen Ergebnis. Zweck der Vorschrift ist es, die Erhaltung und die Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude zu fördern Der Gesetzgeber hat der Erkenntnis Rechnung getragen, dass die ordnungsgemäße Erhaltung von Baudenkmalen, „die regelmäßig besonders aufwendig ist, bestehenden Wohnraum sichert, zur Entspannung der Wohnungssituation beiträgt und ein Anreiz ist, privates Kapital für Gebäudesanierungen und Bestandserhaltung zu mobilisieren“. Danach begünstigt § 10f EStG denkmalpflegerische Bemühungen und fördert die Wohnraumverbesserung, Bestanderhaltung und Gebäudesanierung.

Daneben trägt die Regelung – so die weitere Gesetzesbegründung – „den besonderen Belastungen sowohl von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Baudenkmale durch die öffentlich-rechtlichen Bindungen nach dem Denkmalschutzrecht der Länder als auch von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen durch kommunale Satzungen Rechnung“.

Steuerbegünstigung für Baudenkmal: Abstimmung muss vor Beginn der Baumaßnahmen erfolgen

Die Steuerbegünstigung gem. § 7i oder § 10f EStG für Baumaßnahmen an einem im EU-Ausland belegenen und zum kulturgeschichtlichen Erbe Deutschlands gehörenden Baudenkmal ist ausgeschlossen, wenn die Baumaßnahmen nicht vorher mit der für den Denkmalschutz zuständigen ausländischen Behörde abgestimmt worden sind

 

Hintergrund

Der Kläger war in Deutschland freiberuflich tätig und hatte einen Wohnsitz sowohl in Baden-Württemberg als auch in Frankreich. Im Jahr 2008 hatte er eine Wohnung in einem Gebäude in Frankreich erworben, das in das Verzeichnis der „monuments historiques l’immeuble“ eingetragen ist und Denkmalschutz in Frankreich genießt („inscrit monument historique“).

Der Kläger ließ in den Jahren 2008 bis 2010 in der Wohnung in Frankreich verschiedene Baumaßnahmen durchführen, die er weder mit einer französischen noch mit einer deutschen Denkmalschutzbehörde abgestimmt hatte. Seit Mitte des Jahres 2010 nutzte der Kläger diese Wohnung zu eigenen Wohnzwecken.

Mit seiner Einkommensteuererklärung für die Jahre 2010 bis 2014 machte der Kläger für die durch die Baumaßnahmen an der Wohnung entstandenen Aufwendungen einen Abzug nach § 10f EStG i. V. m. § 7i EStG geltend, deren Berücksichtigung das Finanzamt allerdings versagte, weil der Kläger die Maßnahmen vorher nicht behördlichabgestimmt habe. Zudem sei die im Nachhinein vorgelegte Bescheinigung der badenwürttembergischen Denkmalschutzbehörde nicht von Belang, da eine deutsche Denkmalschutzbehörde für die Erteilung einer Bescheinigung für die in Frankreich belegene Wohnung nicht zuständig sei.

Das FG hat die gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts erhobene Klage als unbegründet abgewiesen.

 

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass der Kläger keinen Abzug von Aufwendungen nach § 10f Abs. 1 und Abs. 5 EStG i. V. m. § 7i EStG beanspruchen kann. Die baulichen Maßnahmen seien zwar an einem jedenfalls vom Grundsatz her begünstigungsfähigen Objekt durchgeführt worden und der Kläger habe die erworbene Wohnung auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt, jedoch fehle es an der erforderlichen Abstimmung der Baumaßnahmen mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde.

Eine Abstimmung i. S. d. § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG erfordert eine einverständliche Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen. Diese Abstimmung muss zeitlich vor dem Beginn der Baumaßnahmen oder vor einer eventuellen Änderung der Planung vorgenommen worden sein. Dies rechtfertigt sich bereits aus dem Umstand, dass der bisherige Zustand des Baudenkmals festgestellt werden muss, damit die Denkmalschutzbehörde die Erforderlichkeit der beabsichtigten Maßnahmen beurteilen kann. Die tatbestandlich erforderliche Abstimmung kann somit nicht im Nachhinein getroffen werden.

Der Kläger hat keine Abstimmung mit der zuständigen französischen Denkmalschutzbehörde getroffen. Die Regelungen des französischen Denkmalschutzrechts sehen vor, dass Arbeiten an einem eingetragenen französischen Gebäudedenkmal auch bei – ausnahmsweise – nicht bestehender Notwendigkeit einer Bau- oder Umbaugenehmigung stets der zuständigen Behörde mit einem Vorlauf von 4 Monaten anzuzeigen sind. Ferner hat die französische Denkmalschutzbehörde die Möglichkeit zu intervenieren. Die öffentlich-rechtlichen Bindungen des Denkmalschutzes zeigen sich (auch nach französischer Rechtslage) darin, dass die Arbeiten unter der wissenschaftlichen und technischen Kontrolle der zuständigen Stellen durchzuführen sind. Eine Abstimmung der Arbeiten wäre demnach mit der französischen Denkmalschutzbehörde möglich und geboten gewesen.

 

Sonstige Steuern

Erbschaftsteuer: Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung eines Familienheims

Eine Wohnung ist zur Selbstnutzung i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt. Die 6-monatige Frist kann dabei ausnahmsweise verlängert werden.

 

Hintergrund

Der Kläger ist Alleinerbe seines Ende 2013 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörte die Doppelhaushälfte G1, die vom Vater bewohnt wurde. Der Kläger bewohnt die direkt angrenzende Doppelhaushälfte G2. Nach dem Tod des Vaters verband der Kläger die Doppelhaushälften G1 und G2 baulich zu einer Einheit. Nach Abschluss der umfangreichen Renovierungsarbeiten nutzt er diese seit August 2016 als eine Wohnung. Der Kläger beantragte für die Doppelhaushälfte G1 die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab, da der Kläger die geerbte Doppelhaushälfte nicht unverzüglich selbst genutzt habe.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Der Erwerber muss die Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen. Angemessen ist ein Zeitraum von 6 Monaten nach dem Erbfall. Wird die Selbstnutzung der Wohnung erst danach aufgenommen, muss der Erwerber glaubhaft machen, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht der Überzeugung, dass der Kläger die hinzuerworbene Doppelhaushälfte unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt hat.


Der Entschluss wird erstmals durch die im Dezember 2013 erfolgte Besichtigung durch den Bauunternehmer, der Anfang 2014 mit den Arbeiten für die Zusammenlegung der beiden Doppelhaushälften beauftragt wurde, nach außen dokumentiert. Zudem belegen die Aufwendungen des Klägers aus dem Januar 2014 für die Zusammenlegung der Netzwerktechnik und Hausanschlüsse, dass der Kläger bereits kurze Zeit nach dem Erwerb die Verbindung der beiden Wohnungen nicht nur beabsichtigte, sondern auch mit der Umsetzung dieser Absicht begonnen hat. Der Kläger hat die Gründe für die Verzögerung der Selbstnutzung sowie die Umstände, aus denen er diese Gründe nicht zu vertreten hat, hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.

 

Steuerrecht Unternehmer

Vorsteuerabzug für eine betriebliche Weihnachtsfeier

Bezieht der Unternehmer Leistungen für sog. Betriebsveranstaltungen, ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Der Vorsteuerabzug für sog. Aufmerksamkeiten richtet sich nach derwirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers

 

Hintergrund

Im Dezember 2015 führte der Kläger eine Weihnachtsfeier durch. Zu der Veranstaltung waren alle Arbeitnehmer der Bereiche Vorstand, Steuerabteilung, Rechtsabteilung sowie Innendienst der Prüfungsabteilung, jeweils inklusive der Leitungen, eingeladen. 32 Arbeitnehmer meldeten sich für die Weihnachtsfeier an. 31 Personen nahmen tatsächlich an der Veranstaltung teil.

Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Kläger ein Kochstudio, um dort ein Kochevent zu veranstalten. Hierbei bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von 2 Köchen gemeinsam das Abendessen zu, welches sie dann gemeinsam verzehrten.

Mit Rechnung vom 21.12.2015 wurden dem Kläger für das „Kochevent für 32 Personen“ Aufwendungen i. H. v. 3.919,90 EUR zzgl. 744,78 EUR Umsatzsteuer berechnet.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Umsatzsteuer als Vorsteuer mit der Begründung ab, dass Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst seien, wenn die Aufwendungen pro Arbeitnehmer die Freigrenze von 110 EUR (inklusive Umsatzsteuer) überstiegen. In solchen Fällen entfalle sowohl der Anspruch auf Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe.

Das FG hat entschieden, dem Kläger stehe der begehrte Vorsteuerabzug für die Weihnachtsfeier 2015 nicht zu, denn die im Rahmen der Weihnachtsfeier bezogenen Leistungen seien nicht für dessen Unternehmen ausgeführt worden. Betriebsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern stellten grundsätzlich eine Leistung für den privaten Bedarf des Personals dar, die Verbesserung des Betriebsklimas als nur mittelbar verfolgter Zweck genüge insoweit nicht.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das Finanzamt und nachfolgend das FG den Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Eingangsleistungen für die Weihnachtsfeier 2015 zu Recht versagt haben.

Für den Vorsteuerabzug muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang des Eingangs- zum Ausgangsumsatz bestehen, wobei wie folgt zu unterscheiden ist:

Besteht der erforderliche Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers, die steuerpflichtig sind, ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Besteht dieser Zusammenhang demgegenüber nicht zur wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar zu einer unentgeltlichen Entnahme, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

Für den Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen ist zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang die hierfür bezogenen Leistungen ausschließlich des privaten Bedarfs der Betriebsangehörigen dienten oder durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sind.

Dient eine Betriebsveranstaltung lediglich dazu, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang der für den Betriebsausflug bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals und damit zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Handelt es sich danach um einen zur Entnahmebesteuerung führenden Betriebsausflug, ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG unterbleibt, weil es sich um eine „Aufmerksamkeit“ i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG handelt. Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden.

Vorliegend war die Weihnachtsfeier nicht auf den Verzehr von Speisen und Getränken in festlichem Rahmen beschränkt, sondern erfolgte im Rahmen eines „Kochevents“, bei dem die Teilnehmer unter Anleitung von professionellen Köchen das gemeinsame Abendessen selbst zubereiteten. Derartige „Teambuilding-Events“ sind allgemein dafür bekannt, dass sie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter in der jeweiligen Abteilung und zwischen den verschiedenen Abteilungen verbessern können und sollen. Die Teilnehmer arbeiten an einem gemeinsamen Ziel, lernen sich dabei besser kennen und entwickeln so ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das zur Verbesserung des Betriebsklimas führen kann.

Obwohl der Kläger nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wird dieses Recht durch die Verwendung der Eingangsleistung für eine Dienstleistungsentnahme i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Denn die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier erfolgten nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Interesse der Beschäftigten an der Feier zurücktritt.

Die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier stellen auch keine „Aufmerksamkeiten“ i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG dar, weil die Freigrenze von 110 EUR pro Arbeitnehmer überschritten ist.

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